Stadtumbau Ost Stadtumbau Ost: Leerstand wächst dramatisch
Halle/MZ. - In den neuen Ländern werden beim Stadtumbau Erfahrungen gesammelt, die dem Westen noch bevorstehen. Da es kaum Muster gibt, wie mit schrumpfenden Kommunen und Bevölkerungszahlen umzugehen ist, zahle der Osten heute einen Preis, der dem Westen später erspart bleibe. "Das sollte ihm etwas Wert sein", sagte Peter Naujokat, Chef einer Chemnitzer Wohnungsgesellschaft, gestern in Halle vor 800 Teilnehmern des 3. Leerstandskongresses des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen (GdW) des Deutschen Städtetages und des Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung. Es waren so viele Gäste aus der Wohnungswirtschaft, aus Kommunen, aus Länder- und Bundesregierungen, aus Banken und Bauwirtschaft in das Hotel Maritim - passend zum Thema einem umgabauten Plattenbau aus DDR-Zeiten - gekommen, dass es die Organisatoren überraschte. Eine Erklärung für den Ansturm gab Jost Riecke, Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt. Er sagte: "Die Lage ist dramatisch".
Tatsächlich nimmt der Leerstand in den neuen Ländern in einem atemberaubenden Tempo zu. Im Jahr 2000 standen eine Million Wohnungen leer. Um den Markt zu bereinigen und den Wohnungsunternehmen eine Chance zur Erholung zu geben, sollen 350000 Wohnungen bis zum Jahr 2009 abgerissen werden. Genauso viele unvermietete Wohnungen sind seitdem hinzugekommen. Statt 100000 Wohnungen wurden im Vorjahr lediglich 15000, in Sachsen-Anhalt statt 10000 nur 1000abgerissen.
Deshalb verwunderte es, dass Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD) erklärte, der Stadtumbau Ost liege gut im Zeitplan. Sachsen-Anhalts Bauminister Karl-Heinz Daehre (CDU) hatte zuvor gewarnt, es könne schon fünf Minuten nach Zwölf sein, da viele Kommunen wegen Leerstands in den Kassen keine Kredite mehr aufnehmen könnten, um Abriss und Aufwertung der Kommunen zu finanzieren. Volker Kiepe, Baudezernent des Deutschen Städtetages, sieht selbstkritisch auch Versäumnisse bei Kommunen. Sie müssten eigene Schwächen nacharbeiten. Häufig seien erforderliche Stadtentwicklungskonzepte nicht auf der Höhe.
Zu schaffen macht den Wohungsunternehmen offenbar ein Konstruktionsfehler bei der Förderung des Stadtumbaus. Sie folgt der klassischen Städtebauförderung. Dabei werden Jahr für Jahr zunächst geringere und dann aufsteigende Summen gezahlt. Um aber mit Abriss und Aufwertung beginnen zu können, muss Geld bereits am Anfang kräftig fließen.
Halles Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler (SPD) forderte deshalb: "Wir brauchen nicht mehr Geld, aber wir brauchen es jetzt." Auch GdW-Chef Lutz Freitag sieht dies so. Jedoch hält es für ungünstig "mitten im Fluss die Pferde zu wechseln". Das würde zu weiterer Verzögerung führen, räumt er ein. Er plädiert für Zwischenfinanzierungen und ist optimistisch. Denn Stolpe hatte versichert, es werde daran gearbeitet wird, damit die Schere zwischen Umbaubedarf und dem tatsächlichen Handeln geschlossen werden kann.