SPD SPD: Ost-Verbände wollen Giffey als Ministerin

Berlin - Bislang wurden Franziska Giffey eher Außenseiterchancen eingeräumt. Aber nun könnte es für die Berlin-Neuköllner Bezirksbürgermeisterin wirklich ernst werden mit einem Posten im nächsten Bundeskabinett für die Sozialdemokraten. Die ostdeutschen SPD-Landesverbände haben sich nach Informationen dieser Zeitung geschlossen für die 39-Jährige ausgesprochen. Ihre Chancen sind nicht zuletzt deswegen gestiegen, weil am Mittwochnachmittag Sachsens SPD-Chef und Wirtschaftsminister des Landes, Martin Dulig, seinen Wechsel nach Berlin ausgeschlossen hat.
Zumindest wäre der Weg vom Rathaus Neukölln in Berlin bis zum Familienministerium oder auch zum Arbeitsministerium nicht weit – und lässt sich mit der U-Bahn in weniger als einer halben Stunde zurücklegen. Der Karrieresprung ist dagegen ein gewaltiger – und ein unerwarteter. Denn Giffeys politische Karriere ist bislang recht kurz. Die 39-Jährige hat erst eine Wahl als Spitzenkandidatin absolviert – und sie mit einem Gefühl der Niederlage gewonnen. Im Herbst 2016 trat sie als Bürgermeisterin zur Wahl in Neukölln an. Sie erreichte 30,4 Prozent der Stimmen und hielt damit die SPD mit großem Abstand auf Platz 1 in Neukölln. Fünf Jahre zuvor hatte ihr Vorgänger, der bundesweit bekannte Heinz Buschkowsky, aber noch 42,8 Prozent erreicht. Schon bald nach Amtsantritt wurde aber klar, dass sie mehr will, ehrgeiziger ist und Neukölln für sie nur eine Station ist.
Debatte um ostdeutsche Minister
Dass von SPD-Seite ein Vertreter mit einer ostdeutschen Biografie im Kabinett nicht fehlen dürfe, hatten in den vergangenen Wochen sowohl die stellvertretende Parteichefin Manuela Schwesig als auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke gefordert. Dass das Drängen der ostdeutschen Verbände, Giffey ins Kabinett zu holen, öffentlich geworden ist, erschwert es einerseits, deren Wunsch zu übergehen. Andererseits könnte gerade die Indiskretion Scholz und Nahles aber auch die mächtigen Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verärgern. Giffey selbst sagte auf Anfrage dieser Zeitung: „Es ist noch nichts entschieden. Ich kann mich deshalb nicht an Spekulationen beteiligen.“
Die Erstellung des SPD-Ministertableaus ist nicht unkompliziert, da der kommissarische Parteichef Olaf Scholz und die Fraktionschefin Andrea Nahles viele Vorgaben zu beachten haben. Von den sechs Posten sollen je drei an Männer und drei an Frauen gehen. Die mitgliederstarken Verbände Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fordern je einen Minister für sich ein. Und: Immer mehr Stimmen in der Partei sind überzeugt davon, dass auch die ostdeutschen Verbände berücksichtigt werden müssen. Am Freitag soll die Ministerliste fertig sein.
Franziska Giffey – zuletzt vor allem als mögliche Familienministerin, aber auch als Arbeitsministerin gehandelt – könnte eine Lösung sein. Sie ist in Frankfurt an der Oder geboren und würde mit 39 Jahren auch zur Verjüngung des SPD-Personals im Kabinett beitragen. Gerade weil die SPD in Ostdeutschland nur sehr wenige Mitglieder hat und mittlerweile in Wahlen und Umfragen oft hinter der AfD liegt, sind ostdeutsche Politiker wie Schwesig und Woidke überzeugt: Die Partei braucht jemanden im Kabinett, der den Menschen von Mecklenburg-Vorpommern bis Thüringen ein Identifikationsangebot liefert. Ein Gesicht für den Osten.