1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. SPD-Mitgliederentscheid: SPD-Mitgliederentscheid: Wie funktioniert die Abstimmung und was passiert danach?

SPD-Mitgliederentscheid SPD-Mitgliederentscheid: Wie funktioniert die Abstimmung und was passiert danach?

Von Tobias Peter 19.02.2018, 16:41
Beim SPD-Mitgliederentscheid haben sich 66% der Stimmberechtigten für eine GroKo entschieden.
Beim SPD-Mitgliederentscheid haben sich 66% der Stimmberechtigten für eine GroKo entschieden. dpa-Zentralbild

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum SPD-Mitgliederentscheid über die große Koalition:

Wie funktioniert so ein Mitgliederentscheid eigentlich?

„Soll die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) den mit der Christlich Demokratischen Union (CDU) und der Christlich-Sozialen Union (CSU) ausgehandelten Koalitionsvertrag vom Februar 2018 abschließen?“ Spätestens an diesem Dienstag sollen alle SPD-Mitglieder die Abstimmungsunterlagen mit dieser Frage im Postkasten haben. Gezählt werden die Stimmen, wenn sie bis zum 2. März um 24 Uhr wieder bei der SPD angekommen sind. Die Mitglieder müssen zudem eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass sie den Stimmzettel selbst ausgefüllt haben. Am 4. März wird das Ergebnis veröffentlicht. Es kann nicht durch den SPD-Vorstand überstimmt werden.

Wer darf abstimmen?

463.723 SPD-Mitglieder – eben alle, die bis zum 6. Februar in die SPD aufgenommen worden sind. Um die Frage des Stichtags hatte es Aufregung gegeben, weil die Jusos parallel zu den Koalitionsverhandlungen mit dem Slogan „Tritt ein, sag nein“ um neue Mitglieder für die SPD geworben haben. Klar ist aber auch: Ein Stichtag ist schon aus rein organisatorischen Gründen nötig. Bei einer Landtagswahl darf in der Regel auch nur mitstimmen, wer ab einer gewissen Frist im Bundesland lebt.

Können die SPD Mitglieder auch online abstimmen?

Nur diejenigen, die im Ausland wohnen. Das Ganze gilt allerdings als eine Art Testlauf dafür, ob man das Verfahren auch auf andere ausweiten kann. Ansonsten wird diesmal noch alles auf die gute alte Art abgewickelt: So bekommen die Mitglieder auch per Post eine von der Parteizeitung „Vorwärts“ gedruckte Sonderausgabe mit dem Koalitionsvertrag. Der ist bekanntlich mehr als 170 Seiten stark. Eine Menge Papier also.

Ist das alles nicht ganz schön teuer?

Auf jeden Fall. Für den Mitgliederentscheid rechnen die Sozialdemokraten mit Kosten von bis zu 1,5 Millionen Euro. Der Sonderparteitag, der im Januar in Bonn über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden hat, dürfte eine Million Euro gekostet haben. Gleichzeitig vermindern sich durch das katastrophale Wahlergebnis von 20,5 Prozent die Einnahmen der SPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Ein Lichtblick: Seit Jahresbeginn haben die Genossen bundesweit mehr als 24.000 Mitglieder dazu gewonnen: Bleiben sie dauerhaft in der Partei, wäre das für die SPD in vielerlei Hinsicht ein Gewinn.

Die SPD-Mitglieder dürfen allein eine Entscheidung treffen, die das ganze Land betrifft. Ist das juristisch in Ordnung?

Ja, definitiv. Das Bundesverfassungsgericht hat entsprechende Beschwerden und Eilanträge gegen den Mitgliederentscheid gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Die Gegner des Mitgliederentscheids argumentieren zwar, das Vorgehen der SPD sei grundgesetzwidrig, weil auf diese Weise die freie Entscheidung der Abgeordneten untergraben werde. Das Votum bindet aber nur den SPD-Parteivorstand, nicht die einzelnen Abgeordneten. Und: In anderen Parteien entscheiden Vorstände oder Parteitage über Koalitionen – viel weniger Menschen also als bei der SPD.

Lässt sich aus dem letzten Mitgliedervotum etwas darüber ablesen, wie es diesmal ausgehen könnte?

Vor vier Jahren ließ Sigmar Gabriel als erster SPD-Chef die Mitglieder über eine Koalition abstimmen. Er erhielt für die große Koalition eine Zustimmung von fast 76 Prozent. Doch damals war das SPD-Ergebnis bei der Wahl besser – und die Parteispitze konnte mit dem Mindestlohn ein Leuchtturm-Thema vorweisen, das viele überzeugte. Diesmal sitzt der Frust über das Bündnis mit der Union tiefer. Viele Gegner der großen Koalition  sind überzeugt, die SPD könne sich in diesem Bündnis nicht erneuern. Der Ausgang lässt sich nicht vorhersagen – zumal niemand die vielen Mitglieder kennt, die jetzt stimmberechtigt, ansonsten aber in der Partei gar nicht aktiv sind.

Gäbe es schnelle Neuwahlen, wenn die SPD nein zur großen Koalition sagt?

Dafür spricht sehr viel. Da aber auch eine Minderheitsregierung möglich ist, gibt es keinen Automatismus. Der Weg zu Neuwahlen ist ohnehin nicht unkompliziert. Der Bundestag hat nämlich kein Selbstauflösungsrecht. Nach Artikel 63 des Grundgesetzes kann aber der Bundespräsident nach drei Wahlgängen im Bundestag ohne absolute Mehrheit für einen Bundeskanzler den Bundestag auflösen.