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Spanien Spanien: Vor 75 Jahren ging König Alfonso XIII. ins Exil

Von Hubert Kahl 10.04.2006, 08:13

Madrid/dpa. - Im Schutz der Dunkelheit verließ der spanischeKönig Alfonso XIII. seinen Palast. Von ein paar engen Vertrautenbegleitet fuhr er im Auto von Madrid nach Cartagena. In derHafenstadt in Südostspanien ging der Monarch, der Großvater desheutigen Königs Juan Carlos, vor Morgengrauen an Bord einesKriegsschiffs und ließ sich außer Landes bringen. Hunderttausende vonSpaniern bejubelten an jenem 14. April 1931 die Flucht des Königs. InMadrid wurde die Republik ausgerufen, auf den Rathäusern im ganzenLand die rot-gelb-violette Flagge gehisst.

Der 14. April vor 75 Jahren war einer der aufregendsten Tage inder spanischen Geschichte. «Spanien ging als Königreich schlafen undwachte als Republik auf», beschrieb der damalige RegierungschefAdmiral Juan Bautista Aznar den Umsturz. Die Zweite Republik istheute noch ein strittiges Thema, an dem sich auch nach so langer Zeitnoch die Geister scheiden. Sie begann 1931 als Volksfest und endete1939 mit dem Sieg des späteren Diktators Francisco Franco imBürgerkrieg.

«Das heutige Spanien blickt mit Anerkennung auf die Republik»,erklärte der jetzige Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero.Viele Ideale von damals seien nach wie vor gültig. Der Sozialisthandelte sich damit Kritik der Katholischen Kirche ein. Ein solchesLob sei «gefährlich», meinte der Präsident der Bischofskonferenz,Ricardo Blázquez. «Damit werden alte Wunden aufgerissen.»

Ausgelöst wurde der Sturz von Alfonso XIII. damals durch - imGrunde eher belanglose - Kommunalwahlen. Bei Auszählung der Stimmenstellte sich heraus, dass in den Städten die republikanischenParteien überraschend klar gewonnen hatten. Die Spanier hatten gegenden König und die Monarchie votiert. Dabei hatte Alfonso XIII., deram Tag seiner Geburt zum König proklamiert worden war, noch zu Beginndes 20. Jahrhunderts als Hoffnungsträger gegolten. Mit seinerZusammenarbeit mit der Militärdiktatur unter Miguel Primo de Rivera(1923-1930) verspielte er jedoch jeden Kredit. Schließlich wandtesich auch das Militär von ihm ab. Alfonso XIII. hoffte auf einebaldige Rückkehr, aber er sollte Spanien nie wiedersehen. Er starb1941 im Exil in Rom.

Die Republik brachte Spanien das Wahlrecht für die Frauen, mehrBildung und Rechte für Arbeiter und Bauern und eine beispielloseBelebung des kulturellen Lebens. Ihre Schwäche bestand darin, dassSpanien damals ein sozial und politisch gespaltenes Land war, dem dieausgleichende Kraft der Mitte fehlte. Einerseits widersetzten sichdie Besitzenden und die Rechte selbst gemäßigten Reformen,andererseits betrachteten weite Teile der Linken die Republik nur alseine Zwischenstufe zu einer sozialistischen Revolution.

Franco machte - mit Unterstützung Nazi-Deutschlands - der Republiknach dreijährigem Bürgerkrieg ein Ende. Die Diktatur des«Generalísimo» (1939-1975) trichterte den Spaniern jahrzehntelangein, dass die Republik nichts als Gewalt, Unordnung und Chaosgebracht habe. «Das Regime verfälschte die Geschichte, um FrancosMilitärerhebung als etwas Unvermeidbares erscheinen zu lassen»,betont die Schriftstellerin Rosa Regás, Direktorin der spanischenNationalbibliothek. «Der 75. Jahrestag bietet nun eine Gelegenheit,das falsche Bild zu korrigieren.»

Allerdings ist der «republikanische Geist», wie der britischeHistoriker Paul Preston erläutert, nie ganz verschwunden. «Er bliebim Widerstand der Arbeiter und Studenten gegen die Diktatur sehrlebendig.» Die Zeitung «El Mundo» meint gar: «Die Republik kommt inSpanien wieder in Mode.» Niemand stellt die Verdienste von König JuanCarlos um die Wiederherstellung der Demokratie in Frage. Aber nachUmfragen gewinnt die Republik unter jungen Spaniern wieder anAnhängern. Bei Demonstrationen ist zuweilen die republikanischeFlagge zu sehen.