Sexuelle Belästigung Sexuelle Belästigung in Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Vizedirektor Helmuth Frauendorfer in Berlin beurlaubt

Berlin - Nach Vorwürfen sexueller Belästigung ist der Vizedirektor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Helmuth Frauendorfer, beurlaubt worden. Nach rbb-Informationen soll das mit sofortiger Wirkung geschehen.
Sechs Frauen hatten in einem Brief an den Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) den Vorwurf des „strukturellen Sexismus aus der Führungsetage“ erhoben. Sie beziehen sich auf die Zeit von 2011 bis 2018. Dabei hat der Anwalt des Hauptbeschuldigten Helmuth Frauendorfer bereits erklärt, sein Mandant gebe Fehlverhalten und einen Mangel an Sensibilität zu.
Direktor Hubertus Knabe weist Beschuldigungen zurück. Der Tagesspiegel zitiert ihn aber mit den Worten, wenn eine Mitarbeiterin weine, nehme er sie „auch einmal in den Arm“ und tröste sie. Dass Mitarbeiter weinen, kommt nach Aussage eines dieser Zeitung namentlich bekannten früheren Angestellten von Hohenschönhausen häufiger vor. Sie leiden demnach unter den Arbeitsverhältnissen und dem Umgang mit ihnen.
Seit 2002 gab es Hinweise zu sexueller Belästigung in Hohenschönhausen
Tatsächlich hat es Hinweise auf ein schlechtes Betriebsklima und etwaige Schikane durch Vorgesetzte bis hin zur sexuellen Belästigung seit 2002 immer wieder gegeben. Die Frauen fühlten sich unterdessen so ohnmächtig, dass sie sich nicht trauten, sich an den Personalrat oder Knabe zu wenden, sondern an Lederer und Grütters schrieben – mit der Bitte um Abhilfe.
Bei der Senatskulturverwaltung haben sich nach Informationen der Berliner Zeitung zudem mehrere weitere ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ähnlichen Klagen gemeldet.
Sexuelle Belästigung in Hohenschönhausen - Stiftungsrat plant Sondersitzung
Der Stiftungsrat der Gedenkstätte trifft sich am Dienstag zu einer Sondersitzung. Er soll sich mit den Vorgängen beschäftigen. Vorsitzender des Gremiums ist Lederer.
Weitere Mitglieder sind Martina Gerlach, Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Maria Bering, Mitarbeiterin von Grütters, Dieter Dombrowski, Vorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, sowie Birgit Neumann-Becker, Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die Konsequenzen für Knabe sind noch nicht absehbar.
Sexuelle Belästigung - Mitarbeiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen bezweifeln Vorwürfe
Mitarbeiter und Sympathisanten der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen ziehen derweil die Vorwürfe der sexuellen Belästigung von sechs ehemaligen Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte öffentlich in Zweifel. Auf der Facebook-Seite einer öffentlichen Gruppe des Fördervereins der Gedenkstätte postete Ulrich Ebert: „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Vorwürfe nicht wahr sind und der Schädigung unserer Gedenkstätte dienen.“
Er fügte hinzu: „Sollen diese Damen sich doch bekennen und ihre Identität zeigen. Mit solchen Vorwürfen wurde schon so mancher Mensch vernichtet, siehe Kachelmann.“ Ebert ist ausweislich der Homepage der Gedenkstätte seit 2012 Gedenkstätten-Führer.
Hartmut Richter schreibt auf derselben Seite, die öffentliche Berichterstattung über die Beschwerde der einstigen Mitarbeiterinnen „erinnert mich an Zersetzungsstrategien des MfS“ (Ministerium für Staatssicherheit). Richter ist seit 1999 Besucherreferent in Hohenschönhausen. Eine Lydia Schwarz äußert den Verdacht, dass Frauen „bestochen worden“ seien, „um eine falsche Aussage zu machen“. (mz)