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Serbien-Montenegro Serbien-Montenegro: Nato-Truppen sollen für Frieden im Kosovo sorgen

18.03.2004, 06:48
Soldaten der Friedenstruppe KFOR der Vereinten Nationen errichten in der Stadt Kosovska Mitrovica eine Straßensperre aus Stacheldraht. (Foto: dpa)
Soldaten der Friedenstruppe KFOR der Vereinten Nationen errichten in der Stadt Kosovska Mitrovica eine Straßensperre aus Stacheldraht. (Foto: dpa) EPA

Belgrad/Pristina/dpa. - Bundesaußenminister Joschka Fischer rief die politischen Führer der Albaner und Serben im Kosovo auf, demokratische Werte zu verteidigen. Es sei an der Zeit, dass sie gemeinsam öffentlich für Demokratie sowie gegen Anarchie und Gewalt einstehen, erklärte Fischer in der Debatte des Sicherheitsrates. Es dürfe keine Straffreiheit für die Verantwortlichen für die blutigen Unruhen geben. 

Der Außenminister von Serbien-Montenegro, Goran Svilanovic, forderte den Sicherheitsrat zur Verurteilung der nach seinen Angaben von Albanern entfachten Gewalt gegen Serben im Kosovo auf. Die Gewalttaten in dieser serbischen Provinz unter UN-Verwaltung zielten darauf ab, die serbische Bevölkerung zu vertreiben. Belgrad habe Informationen, wonach ungeachtet der Präsenz der internationalen Friedenstruppe KFOR Waffen für albanische Extremisten in das Kosovo gebracht werden. UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte vor einer Eskalation des Konflikts mit unabsehbaren Folgen. In Deutschland warnten die Unionsparteien und Grüne vor einem weiteren Abbau der internationalen Sicherheitskräfte in der südserbischen Provinz.

In der Kosovo-Regionalhauptstadt Pristina und in Pec versammelten sich Zehntausende und riefen nach der aufgelösten albanischen Untergrundarmee UCK. In Belgrad skandierten Tausende von nationalistischen Serben Aufforderungen zum Mord an Albanern. Ausländische Botschaften wurden mit Steinen beworfen, die kroatischen Vertretungen evakuiert. In der ethnisch geteilten Stadt Kosovoska Mitrovica durchbrachen Albaner erneut eine Sperre der UN-Polizei und drangen in serbische Stadtteile vor. Erst der Einsatz der internationalen Schutztruppe KFOR, die Schießbefehl zum eigen Schutz erhielt, konnte die aufgebrachten Demonstranten zerstreuen.

Die UN-Polizei habe 61 Verletzte, die KFOR 17 verwundete Soldaten zu beklagen, teilte die UN-Verwaltung (UNMIK) in Pristina mit. Unter den verletzten Polizisten war auch ein Beamter aus Bayern.

Albaner hatten am Mittwoch Dutzende serbischer Häuser angesteckt, Fahrzeuge der internationalen Friedenstruppe zerstört und historische Kirchenbauten der Serbisch-Orthodoxe Kirche beschädigt. Im Gegenzug hatten randalierende serbische Extremisten die letzten Moscheen in Belgrad und der Industriestadt Nis demoliert.

Serbiens Regierungschef Vojislav Kostunica verlangte erneut Autonomie für die Kosovo-Serben. Er bezeichnete die Ausschreitungen als «versuchten Pogrom» und «organisierte ethnische Säuberung». Im Namen seiner Regierung rief er zu friedlichen Protesten gegen den «albanischen Terror» im Kosovo auf und verurteilte zugleich die Angriffe auf islamische und albanische Einrichtungen in Serbien.

Der NATO-Oberbefehlshaber General James Jones forderte die Führungen beider Seiten auf, ihre Anhänger zu beruhigen und umgehend für Recht und Ordnung zu sorgen. Nach der Sitzung des NATO-Rats hieß es in einer Erklärung, die Gewalt drohe die jüngsten Fortschritte im Dialog zwischen der serbischen Hauptstadt Belgrad und Pristina im Kosovo zu untergraben. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer telefonierte mit den führenden Politikern beider Seiten. Nach Angaben des militärischen Hauptquartiers der Allianz wurden amerikanische, britische und italienische Soldaten in Marsch gesetzt, um die von der NATO geführte internationale Truppe im Kosovo (KFOR) zu unterstützen.

Die Stabilisierung des Kosovos und Balkans sei «vor allem für Europa eine Generationenaufgabe», sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Nachtwei, am Donnerstag in Berlin. Er war erst am Vorabend von einem Kosovo- Besuch zurückgekehrt.

Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt (CSU), erklärte, die Entwicklung im Kosovo zeige, dass die Erfolge bei der Befriedung des Balkans nicht überschätzt werden dürften. Die NATO müsse ihre Pläne überdenken, die Truppenpräsenz deutlich zu reduzieren. Die fast ausschließlich von Albanern bewohnte Provinz wird seit 1999 von den UN verwaltet. Die Albaner verlangen die Unabhängigkeit. Belgrad besteht unter Hinweis auf die Geschichte darauf, dass die Provinz ein Teil Serbiens bleibt.

Ein Student mit einer Fahne von Serbien führt eine friedliche Demonstration in der Hauptstadt Belgrad unter dem Slogan «Stoppt den Terror» an. (Foto: dpa)
Ein Student mit einer Fahne von Serbien führt eine friedliche Demonstration in der Hauptstadt Belgrad unter dem Slogan «Stoppt den Terror» an. (Foto: dpa)
EPA
Karte des früheren Landes Jugoslawien einst und jetzt (Grafik: dpa)
Karte des früheren Landes Jugoslawien einst und jetzt (Grafik: dpa)
dpa