Rüstung Rüstung: USA kündigen ABM-Vertrag

Washington/Moskau/dpa. - Bush wies in einer Rede im Rosengarten des Weißen Hauses daraufhin, dass die Terroranschläge vom 11. September einmal mehr klargemacht hätten, dass die USA eine «effektive» Verteidigungbenötigten. Er werde es als Präsident nicht zulassen, dass einveralteter Vertrag einen wirksamen Schutz der Bevölkerung verhindere.
In einer am Abend landesweit ausgestrahlten Fernsehanspracheerklärte Putin, die Entscheidung der USA sei «dennoch ein Fehler».Der Ausstieg Washingtons aus dem ABM-Vertrag stelle aber die gutenBeziehungen zwischen Moskau und Washington nicht in Frage.««Schließlich haben sowohl Russland als auch die USA, im Gegensatz zuanderen Atommächten, schon seit langem ein System zur Überwindung vonRaketenabwehrsystemen», sagte Putin. Daher sehe er in derEntscheidung von US-Präsident George W. Bush keine Bedrohung für dienationale Sicherheit Russlands. Neben Moskau äußerten auch vieleeuropäische Verbündete Bedenken gegen die US-Pläne.
Bush sprach vor der Vertragskündigung mit dem chinesischenPräsidenten Jiang Zemin und mehreren europäischen Staats- undRegierungschefs, darunter Bundeskanzler Gerhard Schröder. DieBundesregierung bedauerte zwar indirekt das Aussteigen der USA ausdem Vertrag, sieht darin aber auch «eine Chance» in der Erklärung derUSA, die nuklearen Arsenale Russlands und der USA drastisch zureduzieren, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Diefranzösische Regierung nahm die Kündigung «zur Kenntnis» und drangauf eine anhaltende strategische Stabilität.
Außenminister Colin Powell hatte bereits am Wochenende dieMoskauer Führung auf die beabsichtigte Kündigung vorbereitet, dienach einer sechsmonatigen Frist in Kraft tritt.
Bush selbst bekräftigte in seiner Rede, dass die Kündigung dieBeziehungen mit Moskau nicht «untergraben» werde. Darin stimmten erund Putin überein. Der ABM-Vertrag sei völlig veraltet. Er stamme auseiner «ganz anderen Zeit und einer völlig anderen Welt». Die USA undRussland seien auf dem Weg zu einer «fundamental anderen Beziehung».
Sie hätten ein neues, weitaus hoffnungsvolleres undkonstruktiveres Verhältnis entwickelt. «Wir sind auf dem Weg,gegenseitig garantierte Fähigkeiten zur Zerstörung durch gegenseitigeKooperation zu ersetzen», betonte Bush unter anderem mit Blick aufdie jüngste Übereinkunft, die Atomwaffenarsenale beider Seitendrastisch zu reduzieren.
«Wie die Ereignisse vom 11. September allzu klar gemacht haben,kommt die größte Bedrohung für unsere beiden Länder nicht gegenseitigvon uns selbst oder von anderen Großmächten auf der Welt, sondern vonTerroristen, die ohne Warnung zuschlagen, oder Schurkenstaaten, dienach Massenvernichtungswaffen trachten», fuhr Bush fort. Die USAmüssten die Freiheit haben, eine «effektive» Verteidigung gegensolche Attacken aufzubauen. «Das amerikanische Volk zu verteidigen,ist meine höchste Priorität», sagte der Präsident. «Ich kann nichtund will nicht zulassen, dass die USA in einem Vertrag bleiben, deruns am Aufbau wirkungsvollen Verteidigung hindert.»
Bush hatte ursprünglich eine Änderung des ABM-Vertrages oder denErsatz durch ein neues «strategisches Rahmenwerk» angestrebt. EineEinigung darüber konnte indessen auch beim jüngsten Gipfeltreffenzwischen Bush und Putin in den USA nicht erzielt werden.