Russland Russland: Veteranen ziehen über den Roten Platz in Moskau

Moskau/dpa. - Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm als erster deutscherRegierungschef an einer Moskauer Siegesparade teil. Neben ihmverfolgten US-Präsident George W. Bush und der französischeStaatschef Jacques Chirac in der ersten Reihe die Parade von 2500Kriegsveteranen und 7000 Soldaten. Die Marschmusik und das vonSoldaten gesungene Lied «Tag des Sieges» trieben vielen der um die 80Jahre alten, ordensgeschmückten Kriegsteilnehmer Tränen in die Augen.
An einem Gedenktag voller Versöhnungsgesten trafen Schröder undder russische Präsident Wladimir Putin mit Kriegsteilnehmern beiderSeiten zusammen. «Ohne eine dauerhafte Partnerschaft Deutschlands undRusslands ist der Frieden in Europa nicht zu sichern», sagte Schröderdabei. Der Kanzler legte auf dem Friedhof Ljublino einen Kranz fürdeutsche Soldaten nieder, die in Gefangenschaft gestorben waren.
Die Lehre des Zweiten Weltkriegs sei es, eine Weltordnung vonSicherheit und Gerechtigkeit zu bauen, sagte Putin bei der Parade.«Ein leuchtendes Beispiel dieser Politik ist die historischeVersöhnung zwischen Russland und Deutschland.» Putin gedachte derzahllosen Kriegsopfer und der Heldentaten bei der Niederschlagung desFaschismus. «Deshalb sollten wir heute angesichts der Bedrohung durchden Terrorismus dem Gedächtnis unserer Väter treu bleiben», sagte er.
Nach der Parade legten die Staatsgäste rote Nelken am Grab desUnbekannten Soldaten an der Kremlmauer nieder, bevor Putin zu einemEmpfang einlud. In Moskau galten angesichts befürchteterTerroranschläge auf die Feiern strengste Sicherheitsmaßnahmen.
Trotz der demonstrierten Einigkeit der Feiergäste gingen dieKontroversen der Vortage über die Rückschritte der russischenDemokratie und die Rolle der stalinistischen Sowjetunion imNachkriegseuropa weiter.
Nach seinem Treffen mit Putin am Vorabend sprach Bush am Montagdemonstrativ mit russischen Bürgerrechtlern. Dann flog Bush zurletzten Station seiner Europareise nach Georgien weiter, das mitRussland im Streit liegt. Der polnische Präsident AleksanderKwasniewski forderte Russland zu einer gemeinsamen Aufarbeitung derbelasteten Geschichte auf.
Putin zeichnete in einem sofort heftig kritisierten Schritt auchden früheren polnischen Staatschef, General Wojciech Jaruzelski, miteiner Gedenkmedaille aus. Jaruzelski, der als junger Mann in derSowjetarmee gedient hatte, schlug 1981 in Polen die unabhängigeGewerkschaft Solidarität nieder.
Zu der Gruppe deutscher Kriegsteilnehmer, die Schröder mit nachMoskau brachte, zählte auch der ehemalige Widerstandskämpfer Ewaldvon Kleist (82). Der Bundeskanzler verwies auf die leidvollenErfahrungen, die Putins Familie und seine eigene im Krieg gemachthätten. «Ich denke daran, dass ihre Mutter bei der Blockade vonLeningrad fast gestorben wäre», sagte Schröder. Sein eigener Vatersei als Wehrmachtssoldat in Rumänien gefallen.
Schröders Vorgänger Helmut Kohl war 1995 zu den 50-Jahr-Feiernnach Moskau gekommen, hatte aber nicht die Parade besucht. DiePolitiker aus aller Welt nutzten das Treffen in Moskau zu bilateralenBeratungen. UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach mit den USA,Russland und der Europäischen Union (EU) über den Nahen Osten.Schröder traf seine japanischen Kollegen Junichiro Koizumi. Dienstagwollen Russland und die EU eine engere Kooperation vereinbaren.
