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Russland Russland: Neun Tote bei Untergang von Atom-U-Boot

30.08.2003, 13:47

Moskau/dpa. - Beim Untergang eines ausgemusterten russischen Atom-U-Bootes auf der Barentssee mit zwei Reaktoren an Bord sind bis zu neun Matrosen ums Leben gekommen. Das Unglück vom Samstag weckte in Russland Erinnerungen an die Katastrophe des U-Boot-Kreuzers «Kursk» mit 118 Toten vor drei Jahren im gleichen Seegebiet. Schiffe und Hubschrauber der russischen Nordflotte durchkämmten den ganzen Tag lang das Meer auf der Suche nach den Vermissten.

Nach Marineangaben wurde das 40 Jahre alte Atom-U-Boot «K-159», das nur noch mit Hilfe von Pontons schwimmfähig war, von einem Schlepper zur Abwrackwerft gezogen, als es bei schlechtem Wetter sank. Die Besatzung des Schleppers konnte einen U-Boot-Matrosen lebend retten. Zwei Seeleute wurden tot geborgen, die übrigen wurden wahrscheinlich mit dem Wrack in 170 Meter Tiefe gezogen.

Präsident Wladimir Putin sprach bei einem Besuch in Italien von einer «Tragödie für die Nordflotte». Umweltschützer von der norwegisch-russischen Organisation Bellona warnten vor einer Verstrahlung der Barentssee durch die Schiffsreaktoren. Dagegen erklärte die Marine, es bestehe keine Gefahr. «Die Strahlung in dem Gebiet ist normal, denn beide Reaktoren wurden bereits 1989 abgeschaltet und in einen nuklear ungefährlichen Zustand gebracht», sagte der Marinestabschef Viktor Krawtschenko in Moskau.

Das Unglück ereignete sich gegen 02.00 Uhr MESZ etwa drei Seemeilen (5,5 Kilometer) nordwestlich der Insel Kildin vor der Einfahrt in den Fjord von Murmansk. Wie bei der Torpedo-Explosion auf der «Kursk» im August 2000 blieben die Angaben der Marine zu dem Untergang widersprüchlich. Danach lösten sich die Pontons, die das U-Boot über Wasser hielten, in einem Sturm. In anderen Berichten hieß es, es habe lediglich starker Wind der Stärke sechs geherrscht.

Bei der Schleppfahrt hätten «überhaupt keine Leute an Bord sein dürfen», sagte der frühere U-Boot-Kapitän und spätere Kommandeur der sowjetischen Schwarzmeerflotte, Eduard Baltin, dem Radiosender «Echo Moskwy». Die «K-159» sei bereits bei ihrer letzten regulären Fahrt 1983 undicht gewesen, berichtete er.

Das 107 Meter lange Boot, das zur ersten Generation sowjetischer Atom-U-Boote gehörte, hatte von 1963 bis 1989 in der Nordflotte gedient. Seitdem lag es in der Marinebasis Gremicha im Osten der Kola-Halbinsel und sollte zum Abwracken in die Stadt Poljarny im Fjord von Murmansk geschleppt werden. In den Häfen entlang der Barentsee warten 73 alte U-Boote als tickende nukleare Zeitbomben auf ihre Entsorgung, die sich wegen Geldmangels der russischen Streitkräfte verzögert.

Das Unglück der «Kursk» 2000 mit 118 Toten war durch einen defekten Torpedo ausgelöst worden. 1989 zerstörte im Nordatlantik ein Brand das sowjetische Atom-U-Boot «Komsomolez», 42 Matrosen starben. Beim Untergang der «K-8», eines Schwesterschiffs der «K-159», in der Biskaya 1970 kamen 88 Matrosen ums Leben.