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Russland Russland: Im Kaukasus wurde ein deutscher Soldatenfriedhof eingeweiht

Von Chris Melzer 07.09.2008, 20:21
Feierliche Einweihung des Deutschen Soldatenfriedhofs in Apscheronsk (Gebiet Krasnodar, Russland) am Samstag. 130 000 deutsche Soldaten fanden hier in den Kämpfen 1942/43 den Tod. Etwa 30 000 können auf dem Gelände bestattet werden. (Foto: dpa)
Feierliche Einweihung des Deutschen Soldatenfriedhofs in Apscheronsk (Gebiet Krasnodar, Russland) am Samstag. 130 000 deutsche Soldaten fanden hier in den Kämpfen 1942/43 den Tod. Etwa 30 000 können auf dem Gelände bestattet werden. (Foto: dpa) dpa

Apscheronsk/dpa. - Am Samstag wurde der deutscheSoldatenfriedhof Apscheronsk in Südrussland eingeweiht, auf deren Gedenkstelen Xaver Schleicher jetzt einen Namen hat - zusammen mit Tausenden Kameraden.

Apscheronsk mit 30 000 Grabplätzen wird einer der letztenSoldatenfriedhöfe des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge sein. Fast 140 Friedhöfe hat er seit 1992 in Russland angelegt oder hergerichtet - oft gegen heftigen Widerstand. Zwar regeln Abkommen die würdevolle Beisetzung auch des Gegners, doch Veteranenverbände liefen gerade gegen die etwa 20 großen Sammelfriedhöfe Sturm. «Kein Fußbreit den Faschisten» titelten Zeitungen und ein Ex-General, selbst nicht im Krieg, wütete gegen den Friedhof in Apscheronsk, das sei die «zweite Besetzung des Kubangebiets».

Bei der Einweihung wollten sich die Russen hingegen keine Blößegeben. Polizisten sperrten auf den gut 100 Kilometern vom Flughafen Krasnodar die Kreuzungen für den kleinen Konvoi aus deutschen Politikern, Veteranen und Journalisten, störende Lastwagen wurden von den Streifenwagen abgedrängt. Die Dorfbewohner blickten eher gelassen hinterher. Am Fuße des Kaukasus hat man andere Probleme.

Außerdem war der Minister aus «Germanija» ja auch gar nicht da.Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte nach demrussischen Einmarsch ins nicht einmal 300 Kilometer entfernteGeorgien abgesagt, stattdessen fand Generalinspekteur WolfgangSchneiderhan Worte des Dankes und des Trostes. Für Kritik an dieAdresse Moskaus schien es nicht der passende Ort, schließlicherinnerte der oberste deutsche Soldat auch an die Millionenrussischen Opfer des deutschen Überfalls. Stattdessen Worte derTrauer, der Mahnung und auch des Dankes an die jungen Soldaten beiderLänder, die den Friedhof mit eingerichtet hatten: «Das ist die Kultursoldatischer Ritterlichkeit und guter Kameradschaft.»

Dabei fällt die Verständigung nicht leicht, wenn nicht einmalEnglisch als Brücke hilft. «Aber irgendwie ging es doch immer», sagtAlexandra Krämer. Die 23-Jährige aus Rottweil hat ein paar hundertEuro bezahlt, um in ihrer Freizeit beim Gräberpflegen dabeisein zukönnen. «Eine tolle Erfahrung. Wir sehen uns jetzt alle mit anderenAugen.» Vorurteile? «Na klar wurden einige bestätigt. Aber unser Bildvoneinander hat sich auf jeden Fall verbessert.» Ressentiments habesie keine gespürt, auch nicht von den Älteren. «Und das, obwohl wirfür die meisten die ersten Deutschen seit damals waren.»

Hass gegen die Deutschen hat nicht einmal mehr Iwan Malachowski,sagt er. Dabei endete die Jugend des 87-Jährigen im Krieg gegen dieDeutschen. «Von Moskau bis Berlin», sagt er zahnlos lachend undklopft stolz auf die Orden an seinem Jackett. «Wien war dann nur nochein Spaziergang.» Mit einer Handvoll Kameraden hat er in Apscheronskdrei Stunden unter sengender Sonne bei 35 Grad ausgehalten. Bei derrussischen Hymne stand er stramm wie damals als 22-Jähriger und auchbei der deutschen wankt er nicht. «Ein guter Tag», sagt er, «diesenFriedhof für die Deutschen hätte es schon viel früher geben sollen.»

Da ist tiefer Respekt unter den Veteranen, doch neben der Sprachescheint es auch Unsicherheit zu sein, warum sich die alten Männerhöflich aus dem Weg gehen. «Die gemeinsamen Erfahrungen prägen aber»,sagt Hans Brix. Der Wiener war, wie die meisten an der Kaukasusfrontund heute auf dem Friedhof, Gebirgsjäger: «Zuletzt haben uns dieRussen vom Elbrus vor sich hergetrieben: Zwei Stunden Schlaf, 30Kilometer marschieren, eine Stunde Schlaf, 40 marschieren; auf 900Kilometer.» Groll gegen den Feind von damals empfinde er schon langenicht mehr: «Ach was, sind doch genau so arme Hunde g'wesen wie wir.»