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Russland Russland: Einziger überlebender Beslan-Terrorist schuldig gesprochen

16.05.2006, 15:45
Dieser Junge ist traumatisiert von den schrecklichen Ereignissen in der Schule in Beslan und weint nach der gewaltsamen Befreiung am 3. September 2004. (Foto: dpa)
Dieser Junge ist traumatisiert von den schrecklichen Ereignissen in der Schule in Beslan und weint nach der gewaltsamen Befreiung am 3. September 2004. (Foto: dpa) EPA

Moskau/dpa. - Der Täter sei unter anderem des Mordes, der Geiselnahme unddes Terrorismus überführt, argumentierten die Richter in der amDienstag in der Stadt Wladikawkas begonnenen Urteilsverlesung. DieVerkündung des Strafmaßes wurde zum Wochenende erwartet. DieStaatsanwaltschaft hat die Todesstrafe gefordert, die in Russlandaber seit Beitritt zum Europarat 1996 nicht mehr vollstreckt wird.Unter den Toten der Geiselnahme von September 2004 waren 186 Kinder.

Die russische Polizei verhinderte im Nordkaukasus unterdessen nacheigenen Angaben einen weiteren Anschlag auf eine Schule. Bei zweiExtremisten, die am Dienstag in der Stadt Kisiljurt in Dagestanerschossen wurden, seien Pläne einer örtlichen Schule gefundenworden, teilten die Sicherheitsbehörden mit.

Viele Hinterbliebene der Beslan-Opfer werten das Verfahren gegenden angeklagten Nurpaschi Kulajew als Versuch, vom Versagen derSicherheitskräfte bei der Erstürmung des Schulgebäudes nach 52Stunden Geiseldrama abzulenken. «Kulajew darf unter keinen Umständenzum Tode verurteilt werden. Er soll die Wahrheit sagen, die wir biszum heutigen Tag nicht gehört haben», sagte Ella Kessajewa von derOrganisation «Stimme Beslans» nach Angaben der Agentur Interfax.

Einige Hinterbliebene werfen dem Staatsapparat mit PräsidentWladimir Putin an der Spitze vor, zu wenig zur Rettung der Kinderunternommen zu haben. Die Tötung der Terroristen sei den Behördenwichtiger gewesen, was auch im Verfahren gegen Kulajew vertuschtwerden sollte, lautet der Vorwurf. Die meisten Angehörigen derGeiseln sprechen sich für eine harte Bestrafung des nach abweichendenAngaben zwischen 23 und 25 Jahre alten Kulajew aus.

Nach fast dreistündigem Verlesen der Urteilstextes wurde dieSitzung auf Mittwoch vertagt. In Russland gibt der Richter dasStrafmaß erst zum Ende der Urteilsverkündung bekannt. Kulajewbeteuerte bis zuletzt seine Unschuld am Tod der Geiseln. Er sei zwaran der Geiselnahme beteiligt gewesen, habe aber weder eine Waffe inden Händen gehalten noch einen Menschen getötet.

Nach offiziellen Angaben hatten 32 Extremisten aus demNordkaukasus in einer Schule von Beslan mehr als tausend Geiselngenommen. Die meisten Opfer starben bei der chaotischen Erstürmungdes Gebäudes. Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte nach Protestender Hinterbliebenen an, die Ermittlungen zur Geiselnahme von Beslanbis zum Juli zu verlängern. Bis heute liegt auch kein abschließenderBericht der parlamentarischen Untersuchungskommission vor.

Bei dem Feuergefecht gegen die zwei mutmaßlichen Terroristen inKisiljurt seien ein Polizist getötet und zwölf verletzt worden,meldeten russische Nachrichtenagenturen. Die Extremisten hätten sichmit schweren Waffen in einer Wohnung verschanzt gehabt. In derTeilrepublik Dagestan, die neben Tschetschenien liegt, häufen sichseit Monaten die Schusswechsel zwischen der Polizei undislamistischen Extremisten.