Rumänien Rumänien: Die Hinrichtung der Ceausescus

Bukarest/dpa. - Diese Bilder vom erschossenenDiktatoren-Paar Elena und Nicolae Ceausescu im Kasernenhof vonTârgoviste bei Bukarest wurden kurz nach Weihnachten 1989 imrumänischen Fernsehen gezeigt. Die neuen Machthaber um denmoskautreuen Ion Iliescu wollten damit demonstrieren, dass nundefinitiv Schluss sei mit der Herrschaft des «Genius der Karpaten»,wie Ceausescu von seinen Hofdichtern genannt worden war. Doch beiallem Hass gegen den Diktator: Diese Hinrichtung hat damals vieleRumänen schockiert. Und sie markiert bis heute den heikelsten Punktder rumänischen Wende vor 20 Jahren.
Drei Tage vorher, am 22. Dezember, waren die Ceausescus, damals 71und 70 Jahre alt, per Hubschrauber vor der protestierendenMenschenmenge in Bukarest nach Târgoviste geflohen. Was sie nichtwussten: Von diesem Augenblick an waren sie Gefangene ihrer einstigenGetreuen. Die Armee, die noch Tage zuvor auf Demonstranten geschossenhatte, war auf die Seite der Aufständischen gewechselt.
In Târgoviste kam es zu einem geheimen Schnellprozess, derallerdings mit rechtsstaatlichen Normen nichts gemeinsam hatte.Ceausescu selbst sagte: «Ihr hättet uns auch ohne diese Maskeradeerschießen können.» Das Todesurteil stand von vorneherein fest,beschlossen hatte es die Iliescu-Gruppe. Im Prozess hatte das Paarkeinen richtigen Verteidiger. Der «Anwalt» wiederholte nur dieAnklagepunkte, noch vehementer als der Ankläger. Den Ceausescus wurde«Völkermord» und «die Zerstörung der rumänischen Seele» vorgeworfen -wo doch Konkreteres wie Amtsmissbrauch und Verletzung derMenschenrechte für eine fundierte Anklage gereicht hätten. Neben dempolitischen Terror hatten die Rumänen unter Ceausescu auch Armut undKälte zu erdulden, weil der Diktator in den 80er Jahren auf Kostender Bevölkerung ein rigoroses Sparprogramm durchgezogen hatte, umalle Auslandsschulden zu bezahlen.
Am 25. Dezember 1989, um 14.50 Uhr Ortszeit, ein paar Minuten nachdem Urteilsspruch, fielen dann die Schüsse auf das Diktatoren-Paar.Drei Fallschirmspringer der Armee unter der Führung von Oberst IonelBoeru bildeten das Exekutionskommando. Sie schossen mehrereMaschinengewehrsalven aus der Hüfte - um nur ja zu treffen, denn allewaren viel zu nervös, um zielsichere Schüsse abgeben zu können. Bisheute rechtfertigt Iliescu die Hinrichtung der Ceausescus mit derangeblichen Notwendigkeit, Blutvergießen zu verhindern. MilitanteGetreue des Diktators würden für seine Rückkehr an die Macht kämpfen,solange Ceausescu lebe, sagte er.
Kritiker meinen jedoch, dass die Iliescu-Gruppe, die am 22.Dezember an der Spitze der «Front zur Nationalen Rettung» die Machtübernommen hatte, mit Ceausescu nur einen unliebsamen Zeitzeugenloswerden wollte. Während der Revolution starben in Rumänien beiStraßenkämpfen 1116 Menschen, 4089 wurden verletzt, errechnete jüngstdas Bukarester Institut zur Erforschung der Verbrechen desKommunismus. Die meisten Opfer - 957 Tote und 2587 Verletzte - gab esnach dem 22. Dezember. Der Verdacht, dass die nach IliescusMachtübernahme erst richtig aufgeflammten Straßenkämpfe von diesemprovoziert wurden, konnte bis heute nicht ausgeräumt werden.
In Rumänien herrscht weitgehend Konsens darüber, dass derKommunismus durch die sowjetischen Besatzer nach dem ZweitenWeltkrieg ins Land gekommen sei - dass also die Rumänen selbst an derGestaltung dieses Regimes schuldlos waren. Selten sind daherKommentare wie dieser, jüngst erschienen in der BukaresterTageszeitung «Adevarul»: Zwar sei der Kommunismus ein Import aus derSowjetunion, «aber der Ceausismus (das Ceausescu-Regime), diemonströseste Form des Kommunismus in ganz Mittel-und Osteuropa, isthier erfunden worden, nach dem Abzug der sowjetischen Armee (1958).Wir, die Rumänen haben ihn erschaffen.»