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Robbenjagd in Kanada Robbenjagd in Kanada: «Wir sahen schreckliche Grausamkeiten»

Von Gerd Braune 16.04.2004, 17:10
Das größte Robbenschlachten seit Jahren nähert sichin Kanada dem Ende. (Foto: dpa)
Das größte Robbenschlachten seit Jahren nähert sichin Kanada dem Ende. (Foto: dpa) IFAW

Ottawa/MZ. - An der Atlantik-Küste Kanadas sind seit Beginn der Robbenjagd vor drei Wochen rund 280000 Sattelrobben erlegt worden. Die Jagd im großen Stil wurde nun eingestellt, die großen Boote der Jäger wurden nach Angaben des kanadischen Fischereiministeriums in die Häfen zurückgerufen.

Offiziell endet die Jagdsaison erst Mitte Mai oder, wenn die Höchstquote von 350000 getöteten Tieren erreicht ist. Stärker als in den vergangenen Jahren haben Tierschützer gegen die größte kommerzielle Jagd, die sie Robbenschlacht nennen, mobil gemacht. Seit fünf Jahren beobachte sie die Jagd, berichtete Rebecca Aldworth vom International Fund for Animal Welfare (IFAW): "Dieses Jahr sahen wir schreckliche Grausamkeiten, und fast keine Kontrolle der Jagd."

Die heftigste Beschuldigung: Junge Robben seien gehäutet worden, obwohl sie noch lebten. Den Vorwurf, die Behörden gingen Gesetzesverstößen nicht nach, weist das Fischereiministerium in Ottawa zurück. Protestaktionen und Boykotte hatten in den 70er und 80er Jahren zum Zusammenbruch der Jagd an Kanadas Ostküste geführt. Mittlerweile aber hat sie das frühere Niveau wieder erreicht. Die Robbenfelle erzielen auf dem Pelzmarkt Preise zwischen 50 und 60 Kanada-Dollar (30 bis 36 Euro). Im vergangenen Jahr belief sich der Wert der Felle auf etwa 20Millionen Dollar (zwölf Millionen Euro).

Es waren die Bilder von weißen Babyrobben, die mit Keulen erschlagen wurden, die vor 20 Jahren den Proteststurm ausgelöst hatten und dazu führten, dass Kanadas Regierung die Tötungen dieser "Weißmäntel" verbot. Aber dieses Verbot bedeutet nur eine Schonfrist von wenigen Wochen. Denn nach 14 bis 21 Tagen wandelt sich ihr Fell. Die weiße flauschige Haarpracht verwandelt sich in einen grauen, von schwarzen Punkten durchsetzten Pelz. Ab da sind die Jungrobben zur Jagd freigegeben. "95 Prozent der getöteten Robben sind unter drei Monate alt", klagt IFAW.

Hakapiks heißen die Waffen, mit denen die Robben erschlagen werden. Wird der Schlag korrekt ausgeführt, wird der Schädel zertrümmert und das Tier stirbt sofort. Wenn Robben erschossen werden, mag dies weniger grausam aussehen. Viele Robben aber werden nur angeschossen und fliehen ins Wasser, wo sie jämmerlich verenden. Tierschützer beklagen, dass Robben nicht mit einem Schlag getötet oder ins Koma versetzt, sondern noch bei Bewusstsein gehäutet würden. Die Jagdvorschriften bestimmen, dass sich die "Sealer" mit dem Augenreflextest versichern müssen, dass das Tier tot ist. IFAW wirft den Jägern vor, oft auf diesen Test zu verzichten. Dem Ministerium zufolge sind nur in zwei Prozent der Fälle die Tiere bei Häutung noch nicht tot. IFAW-Untersuchungen stellten aber bei einem höheren Prozentsatz der Kadaver fest, dass die Schädel nicht oder kaum beschädigt wurden.