Rente in Ost und West Rente in Ost und West: Warum die Anpassung nicht vorankommt

Halle (Saale) - Im kommenden Monat feiern wir zum 25. Mal die deutsche Einheit. Doch bei der Rente gibt es noch immer große Unterschiede. Eine Änderung dieses Zustands wurde von der Politik oft versprochen, doch nie herbeigeführt. CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag nun vereinbart, bis Ende 2019 die Rentensysteme in Ost und West anzugleichen. Für das Jahr 2016 ist eine Überprüfung des Stands und für 2017 gegebenenfalls ein Zwischenschritt vorgesehen. Doch wie ist die Situation heute? Hier die Antworten auf einige wichtige Fragen.
Für die Höhe der Renten sind die Bruttolöhne entscheidend. Und im Durchschnitt sind die im Osten noch immer niedriger als im Westen. Zwar konnten die Gewerkschaften nach Aussagen von Verdi-Chef Frank Bsirske bei den Tariflöhnen mit 97 Prozent des Westniveaus fast eine Angleichung erreichen. „Doch die effektiven Verdienste liegen im Osten im allgemeinen Durchschnitt weiterhin bei nur 77 Prozent des Westniveaus“, sagte er jüngst auf einem Ostrentengipfel. Er verwies darauf, dass in Ostdeutschland lediglich 47 Prozent der Beschäftigen von einer Tarifbindung erfasst sind. In Westdeutschland sind es 60 Prozent.
Dieser Lohnunterschied findet seinen Ausdruck im aktuellen Rentenwert Ost. Der wird durch die Bundesregierung am 1. Juli eines Jahres festgelegt. Seit dem 1. Juli 2015 beträgt er im Osten 27,05 Euro. Das sind 92,6 Prozent des Rentenwertes West, der 29,21 Euro beträgt.
Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente aus Beiträgen eines Durchschnittsentgeltes entspricht. Das Durchschnittsentgelt wird jährlich von der Bundesregierung ermittelt. Sie stützt sich dabei auf Daten des Statistischen Bundesamtes. Zwischen Ost und West wird dabei nicht unterschieden. Für das Jahr 2013 wurde das Durchschnittsentgelt auf 33 659 Euro festgelegt. Für 2014 und 2015 wurden vorläufige Durchschnittsentgelte veranschlagt: 34 857 Euro für 2014; 34 999 Euro für 2015.
Wer genau diesen Wert erreicht, bekommt dafür einen Entgeltpunkt, der eben einen bestimmten Wert hat. Der Entgeltpunkt spiegelt also das Verhältnis des individuellen Einkommens zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten wider.
Der Nachteil der geringeren Löhne wird bei der Rentenberechnung bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen. Im Sozialgesetzbuch VI, Anlage 10, ist geregelt, dass die Ost-Löhne eine Hochwertung erfahren. Die Hochwertung wird bis heute für die Zeiten vorgenommen, in denen der Versicherte seit dem 8. Mai 1945 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gearbeitet hat. Der Hochwertungsfaktor wird in jedem Jahr neu berechnet. Er ergibt sich aus dem Verhältnis der Bruttolöhne Ost und West. Für 2015 beträgt er 1,1717. Das heißt, jedes versicherungspflichtige Gehalt im Osten wird 2015 für die spätere Rente um etwa 17 Prozent höhergewertet.
Vor allem Gewerkschafter und Linke halten eine Beibehaltung so lange für notwendig, so lange die Löhne noch unterschiedlich sind. Es gibt aber auch andere Stimmen. Die Rentenversicherung baut ja im Kern auf Beitragszahlungen auf. Ein Ostdeutscher hat aber für den Lohnanteil, der durch die Hochwertung entsteht, keinen Beitrag gezahlt. Das führt bei gleicher Beitragsleistung in Ost und West zu höheren Rentenanwartschaften im Osten. Vor allem West-Politiker können das ihren Wählern kaum noch erklären - zumal die Ost-Löhne in einigen Bereichen längst West-Niveau erreicht haben und dennoch hochgewertet werden. Daniela Kolbe, die Vorsitzende der SPD-Landesgruppe Ost im Bundestag, machte auf dem Rentengipfel das Dilemma deutlich. Bei einer Beibehaltung gebe es Gewinner und Verlierer. Gewinner wären die Gutverdienenden im Osten, die aus ihren Löhnen mehr Rentenpunkte herausholen würden als die Gleichverdienenden im Westen. Verlierer wären Niedrigverdiener im Westen. Und dazwischen lägen die Niedrigverdiener des Ostens.
Vor diesem Hintergrund gibt es Stimmen, die einen generellen Ausgleich für niedrige Einkommen am Ende des Arbeitslebens ins Gespräch bringen - in Ost und West.
(red)