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Prozess in Moskau Prozess in Moskau: Russische Justiz zieht Urteil gegen Kreml-Kritiker vor

29.12.2014, 18:50
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. dpa Lizenz

Moskau - Im Betrugsprozess gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny hat die russische Justiz das Urteil überraschend vorgezogen. Der Urteilsspruch solle bereits am Dienstagmorgen um 9.00 Uhr (7.00 Uhr MEZ) und damit mehr als zwei Wochen früher als erwartet bekannt gegeben werden, teilte der Oppositionelle am Montag in seinem Blog mit.

Gerichtssprecherin Julia Petrowa sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, der Termin sei vom 15. Januar auf den 30. Dezember vorverlegt worden, weil das Gericht früher als gedacht Zeit gefunden habe, das Urteil zu formulieren. Nawalnys Anwältin Olga Michailowa vermutete jedoch einen anderen Grund für die Terminänderung. Sie sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich im Internet Widerstand gegen die zu erwartende Verurteilung Nawalnys formiert habe und Demonstrationen für den 15. Januar in Vorbereitung gewesen seien.

An dem neuen Termin seien hingegen viele Menschen in den Ferien, so dass er für die Behörden „praktischer“ sei, sagte die Anwältin. Nur wenige Minuten nach der Ankündigung des neuen Gerichtstermins wurde im sozialen Netzwerk Facebook jedoch eine Seite eingerichtet, auf der zu einer Demonstration vor dem Kreml in Moskau für Dienstagabend aufgerufen wurde. Bereits am Montag fand der Aufruf rund 1700 Unterstützer im Netz.

Große Anti-Putin-Demo geplant

Damit könnte die geplante Demonstration eine der größten gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin seit Ausbruch der Ukraine-Krise im Frühjahr werden. Nawalny soll mit seinem Bruder Oleg den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um fast 27 Millionen Rubel (laut damaligem Wechselkurs fast eine halbe Million Euro) betrogen haben, als das Unternehmen ihren Vertriebsdienst benutzte. Nawalny und sein Bruder weisen die Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Die Staatsanwaltschaft forderte zehn Jahre Haft in einem Straflager.

Der Finanzdirektor der russischen Filiale von Yves Rocher, Christian Melnik, gab zwischenzeitlich eine Erklärung ab, nach der dem Unternehmen durch die Kooperation mit dem Vertriebsdienst der Brüder Nawalny letztlich kein Schaden entstand. Ursprünglich hatte Yves Rocher jedoch eine Klage gegen Unbekannt eingereicht, weil das Unternehmen zunächst davon ausgegangen war, der Transportdienst hätte billiger ausgeführt werden müssen. Nawalny hat fast das ganze Jahr unter Hausarrest verbracht, wobei er nur mit seinen Anwälten und Angehörigen kommunizieren durfte.

Er hatte bereits wiederholt mit der Justiz zu tun. So wurde er im Juli 2013 in einem anderen Betrugsprozess zu fünf Jahren Haft verurteilt, doch wurde die Strafe später ausgesetzt. Bei der Wahl des Moskauer Bürgermeisters im September 2013 landete der Blogger und Aktivist auf dem zweiten Platz. (dpa)