Proteste Proteste: Am Mellensee geht die Angst um
MELLENSEE/MZ. - "Der Mellensee. Er ist das einzige, was wir haben." Frank Broshog, 48 Jahre alt, ist nicht leicht zu erschüttern. Aber wenn es um den Mellensee geht, der seinem Ort den Namen gab, könnte er aus der Haut fahren: "Wir wissen überhaupt nicht, was wird."
Lange Liste liegt vor
Broshog würde gerne seinen Ort voranbringen. Aber er weiß nicht, was aus dem Mellensee wird, einem gewaltigen Gewässer von 220 Hektar, gut drei Kilometer lang, an manchen Stellen einen Kilometer breit. Der Mellensee ist zu kaufen. Preis: 440 000 Euro. Er gehört der BVVG, der Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH, die seit 1992 für den Bund Vermögen verkauft, das einst Volkseigentum in der DDR war. Die BVVG ist verpflichtet, auszuschreiben und meistbietend zu verkaufen. Die Liste der Gewässer ist lang: Ungefähr 15 000 Hektar sind schon verkauft, rund 10 000 noch zu haben. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 22 Gewässer, in Brandenburg 115.
Bürgermeister, Dorfbewohner, Naturschützer, Angler - sie sind alarmiert. Über 84 000 Unterschriften gegen die Verkäufe sind gesammelt und liegen beim Petitionsausschuss des Bundestages. "Wir fürchten das Schlimmste", sagt Broshog. Das Schlimmste ist schon einmal passiert und dient in Ostdeutschland als abschreckendes Beispiel: Vor wenigen Jahren kaufte ein Düsseldorfer für 400 000 Euro den Wandlitzsee bei Berlin. Er kaufte einen See, dessen Fläche zuletzt vor 100 Jahren vermessen worden war. Er ließ ihn neu vermessen und stellte fest: Der See war vor langer Zeit verlandet, die Wasserfläche geschrumpft. Das bedeutete: Dem neuen Käufer gehörte nach den alten Karten und neuen Messungen nicht nur eine Menge Wasser, sondern auch ein beträchtlicher Uferstreifen.
Thema im Bundesrat
Von den Seeanliegern und der Gemeinde, die dort ein Strandbad betrieb, ließ sich der neue Besitzer nun die Landstreifen bezahlen, außerdem den vor Jahren gebauten Steg. Wer nun als Anlieger ans Wasser wollte, musste ihm ein Stück Ufer abkaufen. Die Brandenburger und Mecklenburger fürchten, dass es ihnen ähnlich ergehen könnte. Der Zorn ist groß. Längst haben sich Bürgerinitiativen gegründet. "Der Verkauf muss ein für allemal vom Tisch", fordert Hans-Ulrich Kibbel, Sprecher der Initiative "Pro Malchiner See". Seen gehörten nicht in die Hände von Spekulanten. Man versteht nicht, warum der Bund die Seen nicht einfach den Ländern überträgt und die sich mit den Dörfern und Städten darum kümmern.
Politisch ist das Thema seit längerem festgefahren. Mecklenburg-Vorpommern wollte die Verkäufe im Dezember im Bundesrat stoppen, fand jedoch keine Mehrheit. Jetzt liegt es in den Ausschüssen. CDU und FDP sind für die Verkäufe, SPD, Linke und Grüne dagegen. Kurz vor der Bundestagswahl setzte die BVVG die Verkäufe aus. Aber demnächst, so darf man eine Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen verstehen, dürfte es wieder losgehen.