Posse um Mobilmachung Posse um Mobilmachung: Armee war 28 Jahre in Bereitschaft
Athen/MZ. - Die Nachricht klingt wie eine Zeitungsente: In Griechenland wurde mit dem Jahreswechsel die allgemeine Mobilmachung aufgehoben. Wie bitte? Der EU-Staat Griechenland befand sich bisher im Zustand der allgemeinen Mobilmachung, also kurz vor dem Krieg? Jawohl, und zwar seit 28 Jahren. Die Urlauber, die sich jeden Sommer an den Stränden von Rhodos oder Lesbos sonnten, haben nichts davon bemerkt. Wohl aber die Soldaten in den Kasernen.
Rückblende: Sommer 1974. Griechenland wird von einer Obristen-Junta regiert. Mitte Juli erreicht die Zypern-Krise mit dem aus Athen angezettelten Putsch gegen den Insel-Präsidenten Makarios und der dadurch provozierten Invasion der Türkei ihren Höhepunkt. Die Mobilmachung ist der letzte Verzweiflungsakt der Junta, die das Zypern-Abenteuer angezettelt und das Land damit an den Abgrund eines Krieges mit der Türkei geführt hat.
Alle Männer zwischen 20 und 40 müssen sich bei ihren Einheiten melden, Panzer rollen im Norden des Landes auf die türkische Grenze zu. Aber dann versagt die Generalität dem Regime die Gefolgschaft. Ein Krieg gegen die militärisch überlegene Türkei, wissen die besonneneren Generäle, würde eine Katastrophe auslösen. Am 23. Juli 1974 stürzt die Junta.
Keine der demokratisch gewählten Regierungen seither hat die Generalmobilmachung aufzuheben gewagt. Man fürchtete eine Ausdünnung des Offizierscorps, denn so lange sich nichts änderte, war es den Offizieren nicht möglich, vor Erreichen des Pensionsalters aus den Streitkräften auszuscheiden.
Jetzt endlich hat sich die Regierung dazu durchgerungen, die Mobilmachung aufzuheben. Damit können die Berufssoldaten wie andere Staatsdiener auch jederzeit den Dienst quittieren. Auch die Strafen für Disziplinarverstöße werden entschärft. Und wegen Fahnenflucht muss man sich erst verantworten, wenn man acht Tage lang blau gemacht hat - bisher betrug die Frist ganze 48 Stunden.