1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. «Pisa»-Bildungstest: «Pisa»-Bildungstest: Gymnasiasten besser in Mathe und Naturwissenschaften

«Pisa»-Bildungstest «Pisa»-Bildungstest: Gymnasiasten besser in Mathe und Naturwissenschaften

04.12.2004, 18:29

Berlin/dpa. - Gleichzeitig hat sich aber die sozialeChancenungleichheit im deutschen Schulsystem erneut verschärft.

Im diesjährigen Untersuchungsschwerpunkt Mathematik und auch inden Naturwissenschaften legten vor allem die deutschen Gymnasiastengegenüber dem ersten Test im Jahr 2000 zu, während die Hauptschülergleich schwach blieben. Der Unterschied zwischen guten und schwachenSchülern sowie zwischen einzelnen Schulen hat sich damit weitervergrößert und ist nur noch in der Türkei und in Belgien größer. Auchdie in Deutschland ohnehin schon ausgeprägte Abhängigkeit vonBildungserfolg und familiärer Herkunft ist noch stärker geworden.Dies gilt besonders in den Teilgebieten, in denen esLeistungszuwächse gab.

Der internationale PISA-Koordinator Andreas Schleicher sagte ineinem dpa-Gespräch, Deutschland könne nur mit einer umfassendenBildungsreform seine Schulprobleme lösen. Wenn es künftig das «ganzePotenzial, das in den jungen Menschen steckt», ausschöpfen wolle,dann sei dies nicht mit kleinen Korrekturen am bestehenden System zuerreichen. Mit dem gegliederten deutschen Schulsystem seien dieErfolge der PISA-Siegerländer kaum zu erreichen.

Zu den vorab bekannt gewordenen PISA-Teilergebnissen wollte sichSchleicher nicht äußern. Die Organisation für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Kultusministerkonferenz(KMK) wollen die Studie Anfang der Woche vorstellen.

Die Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW) sieht in denleichten Leistungsverbesserungen «keinen Grund zur Entwarnung». Mitseinen Schulen spiele Deutschland weiter «in der zweiten Liga». Essei ein «offenes Geheimnis, dass gerade an Gymnasien für den PISA-Test fleißig trainiert und wohl auch verschärft ausgesiebt wordenist», sagte GEW-Vorstandsmitglied Marianne Demmer. Nach Aussage vonWirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kann es sich Deutschlandnicht erlauben, alle Jahre wieder von PISA bestätigt zu bekommen,«dass wir bei der Bildung im Mittelfeld stehen». Clement: «Wir müssenwieder auf einem der ersten drei Plätze in der Welt sein.»

Als klarer Aufsteiger des zweiten PISA-Tests gilt Polen, das sichnach einer umfassenden Schulreform von einem der letzten Plätze inder wichtigsten Basiskompetenz Lesen und Textverständnis anDeutschland vorbei ins obere Mittelfeld vorarbeiten konnte. Dieinternationale Überraschung ist Hongkong, das erstmals an PISAteilnahm und gleich Sieger in Mathematik wurde.

In dem internen PISA-Bericht für die Kultusminister bescheinigtder deutsche PISA-Koordinator Manfred Prenzel der Bundesrepublik«eine sehr enge Koppelung» zwischen Bildungserfolg und Einkommensowie Vorbildung der Eltern. Kinder reicher Familien hätten auch beigleicher Begabung eine 5,7-mal größere Chance, «das Gymnasiumanstelle einer Realschule zu besuchen», als Kinder aus der unterenMittelschicht. Schlechte Noten in sozialer Förderung bekommen inEuropa sonst noch Belgien und Ungarn. Gut jeder fünfte Schüler inDeutschland kann laut der neuen PISA-Studie auch am Ende seinerPflichtschulzeit allenfalls auf Grundschulniveau rechnen und selbsteinfachste Texte nicht verstehen.

Ergebnisse der neuesten PISA-Studie. (Grafik: dpa)
Ergebnisse der neuesten PISA-Studie. (Grafik: dpa)
dpa