Pendlerpauschale Pendlerpauschale: Wird die Kürzung zurückgenommen?
München/dpa. - Der Bundesfinanzhof (BFH) in München stellte dieNeuregelung am Donnerstag in zwei Verhandlungen erneut auf denPrüfstand. Das oberste deutsche Finanzgericht muss über die Klageneines Bäckermeisters aus Baden-Württemberg und eines Ingenieurs ausMecklenburg-Vorpommern gegen die weitgehende Streichung derEntfernungspauschale bei der Steuerberechnung zum 1. Januar 2007befinden. Die Entscheidung wird binnen zwei Wochen erwartet. Diesedürfte starke Signalwirkung für die ausstehende abschließende Klärungdurch das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich noch in diesemJahr haben. Nur Karlsruhe kann die Neuregelung gerichtlich kippen.
Mit der Pendlerpauschale können Berufstätige Fahrtkosten zwischenihrer Wohnung und ihrer Arbeitsstätte steuermindernd geltend machen.Seit Anfang 2007 sind die 30 Cent je Kilometer aber nur noch vom 21.Entfernungskilometer an steuerlich absetzbar. Mit der Neuregelungwurde das «Werkstorprinzip» eingeführt, wonach Fahrten zumArbeitsplatz der Privatsphäre zuzuordnen sind und die Arbeitssphäreerst mit Betreten des Arbeitsplatzes - am Werkstor - beginnt. DerBund der Steuerzahler hält die Regelung für verfassungswidrig. Diesesei auch nur aus rein finanziellen Interessen des Bundes zustandegekommen, kritisierte Geschäftsführer Reiner Holznagel. Auch der BFHhatte bereits 2007 in einem Eilverfahren ernstliche Zweifel darangeäußert, dass die Kürzung der Pauschale verfassungsgemäß ist.
In den beiden mündlichen Verhandlungen ließ das Gericht nun unteranderem Zweifel daran erkennen, dass die Fahrten zwischen Wohnung undArbeitsplatz nicht als rein beruflich veranlasst und als vollsteuerlich abzugsfähig angesehen werden. Zudem wurde auf dieRegelungen zur doppelten Haushaltsführung verwiesen. Auch die inderartigen Fällen entstehenden Kosten seien als «Mobilitätskosten» zuwerten und vollständig steuerlich absetzbar. Die Anwälte der Klägerund der Bund der Steuerzahler zeigten sich nach den Verhandlungenoptimistisch. Diese seien «optimal gelaufen», sagte der AnwaltNorbert H. Hölscheidt. Holznagel erklärte, er sei «sehr zufrieden».
Die Kläger argumentierten vor Gericht unter anderem, die Kürzungder Pendlerpauschale verstoße gegen tragende Grundprinzipien derVerfassung, etwa gegen das Gebot zum Schutz von Ehe und Familie. DieNeuregelung habe mit Steuergerechtigkeit nichts mehr zu tun. Dagegenverteidigte das Bundesfinanzministerium die Gesetzesänderung.Derartige Grundentscheidungen seien allein Sache des Gesetzgebers,betonte der Vertreter des Ministeriums, Jörg Kraeusel. Erargumentierte zudem, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz seienals teils privat, teils beruflich bedingt anzusehen.
Die FDP rief die Bundesregierung am Donnerstag auf, die Kürzungder Pauschale zurückzunehmen. «Die gegenwärtigen Verfahren vor demBundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht sollten für dieBundesregierung Anlass zum Handeln sein, bevor sie von den Gerichtendazu gezwungen wird», sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms, laut Pressemitteilung. DerLohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring erklärte, man seizuversichtlich, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken überwiegen.
Die große Koalition hatte sich im November darauf geeinigt, diegekürzte Pendlerpauschale vorerst nicht zu verändern, sondern dieEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Auch aus Unionund SPD hatte es Forderungen gegeben, die Kürzung rückgängig zumachen und die Pauschale wieder vom ersten Kilometer an zu zahlen.
