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Olympia 1972 in München Olympia 1972 in München: Drahtzieher des Anschlags ist tot

Von Regina Murgoth und Weedah Hamzah 04.07.2010, 11:39
Ein Terrorist (r.) spricht am 05.09.1972 im israelischen Teamquartier im Olympischen Dorf der Münchner Sommerspiele mit Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3.v.l.), dem bayerischen Innenminister Bruno Merck (2.v.r.), dem Münchner Polizeipräsidenten Manfred Schreiber (2.v.l.) und Dorf-Bürgermeister Tröger (3.v.l.). (FOTO: DPA)
Ein Terrorist (r.) spricht am 05.09.1972 im israelischen Teamquartier im Olympischen Dorf der Münchner Sommerspiele mit Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3.v.l.), dem bayerischen Innenminister Bruno Merck (2.v.r.), dem Münchner Polizeipräsidenten Manfred Schreiber (2.v.l.) und Dorf-Bürgermeister Tröger (3.v.l.). (FOTO: DPA) dpa

Berlin/Beirut/dpa. - Knapp 40 Jahre nach dem blutigenTerroranschlag auf die israelische Mannschaft bei den OlympischenSpielen in München ist der mutmaßliche Drahtzieher in Syrien inFreiheit gestorben. Abu Daud, der mehr als 40 Decknamen gehabt habensoll, wurde am Samstag auf dem «Märtyrer-Friedhof» imFlüchtlingslager Jarmuk bei Damaskus beigesetzt. Der fünffache Vaterstarb im Alter von 73 Jahren an Nierenversagen. Bereut hat er dieBluttat nie. Auch vor Gericht musste sich der lange weltweit gesuchtepalästinensische Top- Terrorist, der eigentlich Mohammed Daud Audehhieß, nicht verantworten.

Am 5. September 1972 hatten acht palästinensische Terroristen derGruppe «Schwarzer September» das Quartier der Israelis im OlympischenDorf überfallen und elf Athleten in ihre Gewalt gebracht. ZweiIsraelis, die sich widersetzten, wurden sofort erschossen. Nachstundenlangem Nervenkrieg wurde auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruckein Flugzeug für die Terroristen und ihre Geiseln bereitgestellt. Beieiner misslungenen Befreiungsaktion starben alle neun Geiseln, einPolizist und fünf Terroristen im Kugelhagel.

Abu Daud hatte sich 1999 in seinem Buch «Palästina - Von Jerusalemnach München» zu dem Anschlag bekannt. Danach wurde in Deutschlanderneut Haftbefehl gegen den damals in Ramallah im Westjordanlandlebenden Palästinenser erlassen, und er musste nach Syrien ins Exilgehen. Die bereits 1972 gegen ihn aufgenommenen Ermittlungen warennie eingestellt worden. Ein 1977 erlassener Haftbefehl wurde im Jahrdarauf jedoch aufgehoben, nachdem Rechtshilfeersuchen im Auslanderfolglos geblieben waren. In den 1980ern soll sich Abu Daudzeitweise - offenbar mit Duldung der damaligen kommunistischenStaatsführung - auch in der DDR aufgehalten haben.

In seinem Buch, das sich teilweise wie ein Polit-Thriller liest,schildert Abu Daud, wie er den Anschlag organisiert und vorbereitethat. Er habe die Gegebenheiten ausgekundschaftet, das Kommando inEmpfang genommen und es für den Überfall bis an den Zaun desOlympischen Dorfes geführt.

Laut Daud war die Operation, mit der von Israel festgehaltenePalästinenser freigepresst werden sollten, als friedliche Aktiongeplant. Nach dem blutigen Ende habe er sich über Rom nach Tunesienabgesetzt. Abu Daud schließt sich in dem Buch der schon frühergeäußerten, von den deutschen Behörden aber immer wieder dementiertenVersion an, dass auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck Geiseln undGeiselnehmer im Kugelhagel der deutschen Polizisten starben.

Eine Verkettung verschiedener Umstände hätten ihm die Operationerleichtert, schrieb Abu Daud. Sein verfälschtes Visum fiel nie auf.Den Torwächter am Olympischen Dorf konnte er leicht täuschen. Einejunge Israelin, bei der er und seine beiden Komplizen sich alsangebliche Freunde Israels ausgaben, zeigte ihnen die Wohnräume derAthleten. Amerikanische Sportler, die als Spätheimkehrer ebenfallsüber den Zaun des Olympischen Dorfes kletterten, reichtennichtsahnend noch dem Kommando die Sportsäcke mit den Waffen nach.

Allerdings bleibt die Frage, wie wahr sein über 700 Seitenumfassendes Buch ist, in dem er PLO-Chef Jassir Arafat als Mitwisserdes Anschlags darstellte. Ziel der Aktion sei es gewesen, «dieAufmerksamkeit der Welt auf das palästinensische Problem zu lenken»und dabei die Präsenz der Weltpresse in München zu nutzen.

«Ich bereue nichts», sagte der in die Jahre gekommene Ex-Terroristnoch vor vier Jahren «Spiegel TV». «Dass ich mich entschuldige, davonkönnen sie nur träumen.» Abu Daud ließ aber keinen Zweifel, dass auchseiner Ansicht nach die Gewalt beendet und Israelis und Palästinensersich die Hand reichen müssten.

Mohammad Abu-Daud, gestikuliert im Februar 2006 in einem Krankenzimmer in einem Krankenhaus in Damaskus. (FOTO: DPA)
Mohammad Abu-Daud, gestikuliert im Februar 2006 in einem Krankenzimmer in einem Krankenhaus in Damaskus. (FOTO: DPA)
EPA