Nicaragua Nicaragua: Vor 25 Jahren triumphierte die Revolution

Mexiko-Stadt/Managua/dpa. - Vor 25 Jahren schrieben die Rebellender Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) in NicaraguaGeschichte. Tausende Menschen säumten am 19. Juli 1979 die Straßenund feierten die Guerrilleros, wie sie auf Panzern und Lastwagen indie Hauptstadt Managua einrückten. Zwei Tage zuvor hatte der DiktatorAnastasio Somoza nach einem blutigen Volksaufstand das Weite gesucht.Nun triumphierte in Nicaragua die Revolution.
Nach dem Sturz des hochkorrupten Somoza-Clans richteten sich dieAugen der Welt plötzlich auf das kleine mittelamerikanische Land. Zumersten Mal seit Fidel Castro in Kuba hatten in Lateinamerika linkeRevolutionäre ein rechtes Regime gestürzt. Nicaragua hatte plötzlichviele neue Freunde: Idealisten aus Europa oder Nordamerika kamen, umals Solidaritätsarbeiter bei der Kaffee-Ernte oder dem Bau vonSchulen zu helfen. Gestandene sozialdemokratische Politiker ausnördlichen Ländern, die in den Tropen die Ideale ihrer radikalerenJugendzeiten verwirklicht sahen, reisten an, um den KommandantenDaniel Ortega und Tomás Borge die Hand zu schütteln.
Nicaragua gewann mit dem Umsturz aber auch neue Feinde: Die USAwollten ein «zweites Kuba» in ihrem mittelamerikanischen Hinterhofnicht hinnehmen und gingen nach dem Amtsantritt von Präsident RonaldReagan Anfang 1981 auf scharfen Konfrontationskurs. Sie verhängtenein Handelsembargo und rüsteten die rechtsgerichteten Contra-Rebellenauf. Ein neuer blutiger Bürgerkrieg war die Folge.
Die marxistischen Sandinisten hatten schnell alle bürgerlichenKräfte, die sie gegen Somoza unterstützt hatten, aus der Regierungverdrängt. Eine katastrophale Wirtschaftspolitik trug dazu bei, dasLand ins Chaos zu stürzen. «Ich möchte das nicht als Planwirtschaftbezeichnen, sondern als totale Desorganisation. Und die Regierungdrangsalierte die Privatunternehmer, von denen viele das Landverließen», sagt der Ökonom Nestor Avendaño in einem dpa-Gespräch.Eine Hyperinflation mit Preissteigerungsraten von 36 000 Prozent imJahr 1988 war lateinamerikanischer Rekord.
Der Mangel an allem Lebensnotwendigen und der Bürgerkrieg, derzahllose junge Wehrpflichtige das Leben kostete, hatten zur Folge,dass die Sandinisten die ersten wirklich freien Wahlen im Februar1990 verloren. Ortega gab sein Präsidentenamt an die konservativeVerlegerwitwe Violeta Chamorro ab. Seither bemühte er sich bei zweiWahlen vergeblich um ein politisches Comeback.
Nach Ansicht Avendaños erzielten die Sandinisten während ihrerHerrschaft sozialpolitische Erfolge, von denen aber nicht vielgeblieben sei. «Sie senkten die Analphabetenrate von 50 auf 11Prozent, inzwischen steht sie wieder bei 32 Prozent», sagt er. Dievon der sandinistischen Agrarreform begünstigen Bauern hätten ihrLand aus wirtschaftlicher Not schon wieder verkauft. Eine neueAgrarreform sei nötig, um die extrem ungleiche Einkommensverteilungin Nicaragua zu verbessern, meint Avendaño.
Viele Akteure der 80er Jahre stehen noch immer auf der politischen Bühne des Landes. Kardinal Miguel Obando y Bravo, einer derHauptwidersacher der Sandinisten, ist trotz seiner 78 Jahre weiterErzbischof von Managua. Ortega bleibt - mit Borge als Stellvertreter- Generalsekretär der FSLN und wird wohl trotz seiner Wahlniederlagen1990, 1996 und 2001 auch 2006 noch einmal für das Präsidentenamtkandidieren. Dass er noch ein Radikaler ist, bewies er, als erkürzlich den gestürzten Saddam Hussein als «Präsidenten Iraks»bezeichnete und ihm «bedingungslose Unterstützung» zusagte.