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Neujahrsansprache der Kanzlerin Neujahrsansprache der Kanzlerin: Merkel kritisiert Russland und Pegida

Von Jochen Arntz 30.12.2014, 18:09

Berlin - In ungewöhnlich deutlichen Worten wendet sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache an die Menschen, die vor allem in Dresden für „Pegida“ demonstrieren. In ihrer traditionellen Rede, die am Silvesterabend im Fernsehen ausgestrahlt wird, sagt sie: „Heute rufen manche montags wieder ‚Wir sind das Volk‘. Aber tatsächlich meinen Sie: Ihr gehört nicht dazu – wegen Eurer Hautfarbe oder Eurer Religion. Deshalb sage ich allen, die auf solche Demonstrationen gehen: Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen! Denn zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja, sogar Hass in deren Herzen!“

Es ist das zehnte Mal, dass Merkel als Kanzlerin am Silvestertag zu den Bürgern spricht. Und es ist das erste Mal, dass sie sich zu diesem Anlass so politisch, so deutlich auslässt. In ihrer Ansprache hält sie sich nicht - wie in anderen Jahren - mit persönlichen Worten auf. Noch bevor sie ohne jede Einschränkung gegen „Pegida“ Stellung bezieht, hat sie sich auch im Konflikt mit Russland unmissverständlich positioniert. „2014 war das Jahr, in dem wir in Europa in lange nicht gekannter Härte erfahren haben, was es bedeutet, wenn Grundlagen unserer europäischen Friedensordnung in Frage gestellt werden – also die freie Selbstbestimmung der Völker. Genau das mutet Russland der Ukraine zu.“

 Das ist sind sehr klare Worte, auch wenn die Kanzlerin noch ein paar verbindlichere Sätze nachschiebt. „Es steht völlig außer Frage, dass wir Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland wollen, nicht gegen Russland. Aber ebenso steht völlig außer Frage, dass Europa ein angebliches Recht eines Stärkeren, der das Völkerrecht missachtet, nicht akzeptieren kann und nicht akzeptieren wird.“

Reise um die Welt

In früheren Jahren hat Merkel in ihrer Ansprache gerne die Zivilcourage der Bürger gepriesen und ihnen Mut gemacht. In diesem Jahr aber begibt sie sich auf die Reise um eine Welt, um die es nicht gut bestellt ist. Nach Russland spricht sie über Ebola in Afrika, dann über die Terroristen des IS. Und wenn sie jemandem Mut zuspricht, dann sind es die Flüchtlinge dieser Welt. „Es ist selbstverständlich, dass wir ihnen helfen und Menschen aufnehmen, die bei uns Zuflucht suchen. Kürzlich erzählte mir jemand von einem Kurden, der heute Deutscher ist. Vor vielen Jahren sei er aus dem Irak geflohen – unter sehr schwierigen Bedingungen. Unter Lebensgefahr. Er habe gesagt, das Wichtigste sei für ihn in Deutschland, dass seine Kinder hier ohne Furcht aufwachsen könnten. Das ist vielleicht das größte Kompliment, das man unserem Land machen kann: dass die Kinder Verfolgter hier ohne Furcht groß werden können.“

Auch deshalb hat Merkel ihre Worte zu „Pegida“ und den Montagsaufzügen wohl so klar gesetzt. Denn diejenigen, die zum Ende der DDR auf die Straße gingen, hätten demonstriert „für Demokratie und Freiheit und gegen eine Diktatur, die Kinder in Furcht aufwachsen ließ“. 

„2014 wird als ein Jahr in Erinnerung bleiben, das anders verlaufen ist, als wir uns das zu Silvester vor einem Jahr vorstellen konnten.“ Das ist die ernüchternde Bilanz der Kanzlerin. Erst am Ende ihrer Neujahrsansprache gönnt sie sich noch ein paar Momente der Freude, unvergessliche Momente wie den Weltmeistertitel für die deutsche Fußballnationalmannschaft. Aber auch aus denen gewinnt sie ein ernste Lehre: „Es ist und bleibt der Zusammenhalt, mit dem wir auch in Zukunft die großen Herausforderungen meistern.“