Staatsoberhaupt Neuer Präsident Taiwans vereidigt - Forderungen an China
Lai hatte am 13. Januar die Wahl in Taiwan gewonnen. Nun übernimmt er offiziell die Amtsgeschäfte. Was hat er mit der demokratischen Inselrepublik vor, die im Dauerclinch mit Peking liegt?
Taipeh - Im angespannten Verhältnis zu China hat Taiwans neuer Präsident Lai Ching-te bei seiner Amtseinführung Peking zu einem Ende der Einschüchterungsversuche aufgefordert.
„Ich möchte auch China aufrufen, seine politische und militärische Einschüchterung gegen Taiwan einzustellen“, sagte der Politiker der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) während seiner Antrittsrede vor Tausenden Anhängern in Taipeh. China solle die Verantwortung mit Taiwan teilen, in der Meerenge zwischen den beiden Ländern (Taiwanstraße) und der Region Frieden und Stabilität aufrechtzuerhalten.
Die Zukunft der Beziehungen in der Taiwanstraße zwischen der Volksrepublik China und Taiwan, das offiziell Republik China heißt, hätten einen entscheidenden Einfluss auf die Welt. Seine Regierung werde weder nachgeben noch provozieren und werde den Status quo beibehalten, sagte der 64-Jährige. Damit ist gemeint, dass Taiwan faktisch ein eigenständiges Land bleiben soll. Die Kommunistische Partei in Peking zählt die Insel und ihre mehr als 23 Millionen Einwohner zu ihrem Territorium, obwohl sie Taiwan bislang nie regierte und in Taipeh seit Jahrzehnten eine demokratisch gewählte Regierung sitzt.
Wenige Stunden der Vereidigung warf China ihm und seiner neuen Regierung Provokation vor. Die Lage in der Taiwanstraße, der Meerenge zwischen den beiden Staaten, sei komplex und ernst, sagte der Sprecher des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Chen Binhua. Der Grund dafür sei, dass Lais Demokratische Fortschrittspartei (DPP) „stur“ an der „separatistischen Position“ einer Unabhängigkeit Taiwans festhalte. Das Festland und Taiwan gehörten zu ein und demselben China. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, sagte, eine Unabhängigkeit und Abspaltung Taiwans zu verfolgen, sei zum Scheitern verurteilt.
Peking antwortet mit Sanktionen
Ein Krieg in der Taiwanstraße hätte dramatische Folgen, da die zwischen rund 130 und 180 Kilometer breite Meerenge eine wichtige Schifffahrtsroute für den Welthandel ist und taiwanische Firmen global wichtige Chip-Technologie herstellen.
Zudem würden die USA als engster Verbündeter und Waffenlieferant Taiwans durch ihre Zusage, im Verteidigungsfall zu helfen, mit in den Konflikt gezogen werden. Parallel zum Amtsantritt Lais kündigte China Sanktionen gegen drei US-Rüstungskonzerne an. Betroffen waren die Verteidigungs-, Raumfahrt- und Sicherheitssparte von Boeing sowie die Unternehmen General Atomics Aeronautical Systems und General Dynamics Land Systems, die auf eine Liste „unzuverlässiger Unternehmen“ gesetzt wurden. Damit sollen sie für Waffenlieferungen an Taiwan bestraft werden.
Weil die DPP für eine Unabhängigkeit Taiwans steht, sieht Peking in Lai und der Partei Separatisten. Immer wieder demonstriert die Volksbefreiungsarmee in der Taiwanstraße ihre militärische Stärke. Peking drohte zudem mit militärischen Mitteln, sollte es Taiwan nicht mit friedlichen Mitteln mit dem Festland vereinen können. „Ich hoffe, dass China die Realität der Existenz Taiwans einsieht und die Wahl der Menschen Taiwans respektiert“, sagte Lai. Gleichzeitig bot er Peking an, dass sich beide Länder etwa über die Wiederaufnahme des Tourismus wieder miteinander austauschen könnten.
Lai ruft zu entschlossener Verteidigung Taiwans auf
Solange China jedoch nicht davon absehe, Gewalt gegen Taiwan einzusetzen, werde der Wille Pekings, Taiwan zu annektieren, nicht einfach verschwinden, sagte er. Schon jetzt fliegen beinahe täglich chinesische Kampfflugzeuge in Richtung Taiwan und dringen dort in die Luftverteidigungszone ein, worauf Taiwans Militär stets reagiert und etwas selbst Flugzeuge in die Luft schickt. „Angesicht des vielen Bedrohungen und Infiltrierungsversuchen Chinas, müssen wir unseren Entschluss zeigen, unser Land zu verteidigen“, sagte Lai.
Shen Po-yang, Mitglied des Verteidigungsausschusses in Taiwans Parlament, schätzt, dass China bis 2027 bereit für eine Invasion sei. Den besten Zeitpunkt für eine Attacke sieht der in Taiwan auch als Puma Shen bekannte DPP-Politiker dann, wenn 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung bei einem Angriff für eine Kapitulation stimmen würden.
„Sie könnten einfach die erste Rakete zünden, und wenn die Menschen sagen, sie wollen sich ergeben und einen Friedensvertrag unterzeichnen, dann wäre dies das Ende des Krieges binnen einer Woche.“ Shen fordert deshalb mehr Cybersicherheit und eine Regulierung von sozialen Medien wie der Kurzvideoplattform Tiktok des chinesischen Bytedance-Konzerns, damit sich Pekings Propaganda nicht in Taiwan breit machen kann.
Innenpolitische Lage für Regierung schwierig
Lai hatte mit seiner Stellvertreterin Hsiao Bi-khim am 13. Januar die Präsidentschaftswahl mit rund 40 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Zur Vereidigung des Präsidenten und der Regierung schickten die USA und Japan Delegationen. Auch aus Deutschland reiste eine Parlamentariergruppe der CDU, SPD und FDP an. Nur ein Dutzend Länder erkennen den Inselstaat offiziell an, darunter sind etwa der Vatikan, Paraguay und Haiti. Deutschland, Japan und die USA gehören nicht dazu, da sonst eine diplomatische Krise mit China bevorstehen würde.
Vor dem Präsidentensitz führten Gruppen Tänze auf, Bands spielten und die Armee feuerte Salutschüsse ab. Die DPP stellt das dritte Mal in Folge das Staatsoberhaupt, das gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Im Parlament büßte die DPP allerdings ihre absolute Mehrheit ein und ist nun auf Allianzen angewiesen.
Größte Oppositionspartei ist die pekingfreundliche Kuomintang, die am Freitag in einer turbulenten Parlamentssitzung mit DPP-Politikern im Streit um mehrere Gesetzentwürfe aneinandergeraten war. Es kam zu Rangeleien zwischen den Parlamentariern, ungefähr eine Handvoll wurde anschließend im Krankenhaus auf Verletzungen untersucht. Für die neue Regierung dürfte es im Parlament angesichts der politischen Verhältnisse deutlich mehr Hürden zu überwinden geben.