Renner gegen Pretzell und Petry Nach Petry-Eklat: Martin Renner gegen Marcus Pretzell - Grabenkämpfe der AfD in Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf - Schneller als erwartet brechen die alten Grabenkämpfe im NRW-Landesverband der AfD wieder auf. Kaum hat Frauke Petry am Montag ihren Rückzug aus der neuen Bundestagsfraktion verkündet, geht es auch in Nordrhein-Westfalen wieder rund.
Martin Renner (63), künftiger Bundestagsabgeordneter und gleichberechtigter NRW-Vorstand mit Markus Pretzell, der auch der Landtagsfraktion vorsitzt, schießt gegen seinen Intimfeind. Er vermute, dass Pretzell und seine Ehefrau Petry eine Abspaltung planen, so Renner.
Sollte es so kommen, sei das aber „irrelevant“, denn die Gruppe um Petry und Pretzell habe „nicht mehr als zehn Prozent der Funktionsträger und Parteimitglieder hinter sich“. Was Renner allerdings nicht sagte: Die 14 weiteren Afd-Abgeordenten aus NRW gelten durchaus als Pretzell nah. Dessen Reaktion indes fiel zurückhaltend aus. Man müsse sich die Bundestagsfraktion erst einmal angucken.
Noch im Frühjahr war Pretzell auf dem Landesparteitag in Oberhausen mit seinem Putschversuch gegen Renner gescheitert. Er wollte seinen Widersacher, der zum äußersten rechten Rand der AfD zählt, mundtot machen. Ein Wahlkampf in NRW „mit Martin Renner als Landeschef der AfD“ sei nicht möglich, tönte Pretzell damals. „Der Schaden für die Partei wäre enorm.“
Die Attacke misslang, die für eine Abwahl Renners erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit kam nicht zustande. Renner, der aus der CDU einst aus Frust über die Griechenland-Politik der EU ausgetreten war, vertritt eindeutig rechte Standpunkte und liegt damit auf der Linie von Parteichef Alexander Gauland. Der Islam ist für ihn eine „Unterwerfungsideologie“. Die AfD sollte für ihn „systemgenetisch eine rechte Partei sein“.
Bürgerlicher Anstrich
Das passt so gar nicht zur Politik des Markus Pretzell, dessen Landtagsfraktion sich bei den ersten Gehversuchen in Düsseldorf einen bürgerlichen Anstrich zu geben versucht. So wie sich Gauland und Petry auf Bundesebene attackieren, geraten in NRW jetzt Pretzell und Renner aneinander.
So wie sie es schon vor der Landtagswahl derart auf die Spitze getrieben haben, dass innerparteilich von einer Schlammschlacht die Rede war. Es ging um den Wohnsitz von Pretzell, um den Vorwurf der Wahlmanipulation. Um alles, nur nicht um Inhalte.
Wie schon bei der Landtagswahl im Mai haben sämtliche innerparteiliche Querelen der AfD auch im Vorfeld der Bundestagswahl nicht geschadet. Vor allem in den Armenhäusern des Ruhrgebiets hat die rechtspopulistische Partei deutlich gezogen. In Gelsenkirchen holte sie 17 Prozent und damit 10,6 Prozent mehr als vor vier Jahren. Im Essener Norden (Wahlkreis Essen II) kam sie auf 15 Prozent – auch dank ihres über das Revier hinaus prominenten Kandidaten Guido Reil aus Essen-Karnap.
Nicht abgesichert
Doch der Bergmann und ehemalige Sozialdemokrat, der es in seinem Stadtteil auf 24 Prozent brachte und insgesamt in Essen auf 15,8 Prozent kommt, zieht nicht in den Bundestag ein.
Auf der Landesliste der AfD war er mit Platz 26 nicht abgesichert. Auch in Duisburg II (15,4 Prozent) und Herne/Bochum (13,4 Prozent) konnte die AfD deutlich über dem Landesdurchschnitt abschneiden. Hier leben diejenigen, die vor allem aus Protest die AfD gewählt haben, die sich von den etablierten Parteien im Stich gelassen fühlen.
Dass sich die AfD um ihre Anliegen kümmert, könnte sich als Irrtum erweisen. Denn die Partei ist in NRW mit sich selbst beschäftigt. Pretzells parteiinterner Widersacher Renner will sich nach eigener Aussage trotz seines neuen Mandats in Berlin im Oktober voraussichtlich wieder um den Führungsposten in der Landespartei bewerben.
Er habe den NRW-Verband mitgegründet und sei der „richtige Typ“, um die Querelen innerhalb der Landes-AfD zu befrieden. Er gehe davon aus, dass Pretzell dagegen nicht mehr als Co-Vorsitzender kandidieren werde, sagte Renner. (mit dpa)
