Nach dem Tod von Jürgen Möllemann Nach dem Tod von Jürgen Möllemann: Umstände des Absturzes sind weiter ungeklärt

Essen/Münster/dpa. - Nach dem Fallschirmabsturz von Jürgen Möllemann verdichten sich die Anzeichen für einen Freitod des ehemaligen FDP-Politikers. Zwar hatten die Ermittler auch am Freitag noch keinen sicheren Hinweis auf einen Suizid Möllemanns. Allerdings ergab die technische Untersuchung an den Fallschirmen nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft weder einen Fehler noch eine Manipulation. Der Hauptschirm habe sich aus noch nicht geklärter Ursache in einer Höhe von 1000 Metern gelöst, anschließend habe Möllemann den Reserveschirm jedoch nicht betätigt.
Möllemann war am Donnerstag bei einem Absprung am westfälischen Flughafen Marl-Loemühle in den Tod gestürzt. «Es ist noch nicht sicher, aber ich gehe davon aus, dass der Hauptschirm ausgeklinkt wurde», sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke in Essen. Mehrere unabhängige Zeugen hatten zudem berichtet, dass sich der Hauptschirm zunächst ordnungsgemäß geöffnet hatte.
Weitere Untersuchungen beträfen die Automatik des Sicherheitssystems. «Dabei interessiert uns besonders der Automat, der den Reservefallschirm hätte öffnen sollen, wenn er richtig eingeschaltet gewesen ist.» Auch ein Bedienungsfehler sei denkbar. Die Polizei durchkämmte am Freitag den Flugplatz in Marl nach einem fehlenden Metallteil des Schirms. Das technische Versagen des Sicherheitssystems «Cypres» erklärte die Erbauer-Firma Airtec GmbH für extrem unwahrscheinlich. Zudem sei wegen beengter Verhältnisse kaum möglich, dass es während des Fluges manipuliert werde, sagte ein Techniker der Zeitung «Reutlinger General-Anzeiger» (Samstag).
Der 57-Jährige Politiker war laut Obduktionsergebnis nach seinem Aufprall sofort tot. Die Gerichtsmediziner hätten keine Spuren von Alkohol oder Medikamenten gefunden, berichtete die Staatsanwaltschaft weiter. «Wir ermitteln weiter in alle Richtungen», sagte Reinicke. Dazu gehöre auch die Möglichkeit einer Selbsttötung.
Unmittelbar vor dem Absturz hatten die Staatsanwaltschaften Münster und Düsseldorf eine Razzia in Möllemanns Büro- und Wohnräumen gestartet - zeitgleich an 25 Stellen in vier Ländern. Möllemann sei zuvor ein Angebot zur Kooperation mit den Behörden gemacht worden, dem er nicht in ausreichendem Maß nachgekommen sei, sagte ein Sprecher der Münsteraner Behörde. «Wir waren überzeugt, dass ohne die Durchsuchungen die Ermittlungen nicht sachgerecht weitergeführt werden konnten», ergänzte sein Düsseldorfer Kollege Johannes Mocken.
Er bestätigte Informationen der Staatsanwaltschaft Luxemburg, wonach Unterlagen eines Möllemann-Kontos bei der Bank «BNP-Paribas» beschlagnahmt worden seien. Der Ex-FDP-Abgeordnete soll sein umstrittenes Wahlkampf-Flugblatt mit Kritik an der israelischen Regierungspolitik mit Geld von dem Millionen-Konto der «Banque Nationale de Paris» finanziert haben. Nach Informationen der Zeitung «Luxemburger Wort» hat Möllemann das Konto unter dem Firmennamen «TEC» 1985 bei der Bank eingerichtet, obwohl er damals als Regierungsmitglied kein Gewerbe betreiben durfte. Auf das Konto sollen auch hohe Beträge im Zusammenhang mit einem umstrittenen Panzergeschäft mit Saudi-Arabien geflossen sein.
Möllemann hätte sich Mitte Juni bereits zum zweiten Mal einer Auskunftsklage der Bundes-FDP im Landgericht Münster stellen müssen. Die Partei wollte von dem früheren NRW-Landesvorsitzenden wissen, ob er zur Aufklärung von ungeklärten Spendengeldern in NRW aus den Jahren 1999 und 2000 in Höhe von etwa 600 000 Euro beitragen könne.
Unklar war in Berlin am Freitag, ob es zur Beerdigung Möllemanns einen Staatsakt geben wird, wie er für frühere Regierungsmitglieder angeordnet werden kann. Ein solches Anliegen wurde bis Freitag im Fall Möllemann, der zwischen 1987 und 1993 Minister und zuletzt auch Vizekanzler war, nicht an den Bundespräsidenten herangetragen. Möllemann war seit März nicht mehr Mitglied der FDP.


