MZ-Sommerinterview MZ-Sommerinterview: "Meine Frau schießt besser"

Thale - Holger Stahlknecht ist gerade durchs südliche Sachsen-Anhalt geradelt - dienstlich. Zum Sommergespräch im Urlaub kommt er hingegen zu Fuß, dafür aber mit Ehefrau Barbie, den Söhnen Maximilian und Felix sowie den Labradorhündinnen Tessa und Lili. Weil Lili erst sechs Wochen alt ist, wird die Wanderung im Bodetal bei Thale verkürzt. Mit der Schwebebahn geht es auf den Hexentanzplatz. Während Frau und Kinder mit den Hunden vorweg gehen, spricht Stahlknecht mit MZ-Redakteur Hendrik Kranert-Rydzy auf dem Weg zwischen Bergstation, Bergtheater und Berghotel.
Was treibt Sie als gebürtigen Hannoveraner in den Harz?
Stahlknecht: Ich bin oft hier, wir haben in der Nähe ein kleines Ferienhaus, wo wir regelmäßig am Wochenende und auch jetzt im Urlaub sind. Ich kann hier abschalten. Und ich war heute Morgen schon zehn Kilometer joggen. Ich finde das klasse, wenn am frühen Morgen der Tau auf den Wiesen liegt.
Sie haben Ihre Familie mitgebracht...
Stahlknecht: Ja, und die Hunde. Wir sind alle gern draußen, wir wandern auch viel. Schlechtes Wetter gibt es für uns nicht, für Regen gibt es Wachsjacken. Und danach trinkt man einen schönen Tee.
Mit oder ohne Schuss?
Stahlknecht (lacht): Ach, ein Cognac oder ein Whisky darf es dazu ruhig sein.
Ursprünglich wollten wir nicht wandern, sondern zur Jagd gehen. Wie sind Sie denn zur Jagd gekommen?
Stahlknecht: Für die Jagd fand sich leider kein passender Termin. Dazu gekommen bin ich über einen Zufall. Als ich vor zehn Jahren noch ehrenamtlicher Bürgermeister in Wellen im Bördekreis war, wurden meine Frau und ich zum Landesjägerball eingeladen. Da gab es eine Tombola - und bevor ich meine Frau bremsen konnte, hat sie gesagt, wir haben gewonnen. Ein Repetiergewehr. Nun war ich aber kein Jäger. Da habe ich versprochen, ein Jahr später als Jäger wiederzukommen.
Haben Sie das Versprechen gehalten?
Stahlknecht: Nicht ganz. Ich hatte zwar schon immer vor, die Jagdprüfung zu machen, habe aber zwei Jahre gebraucht. Im Landtag war soviel zu tun. Dafür konnte ich meine Frau begeistern, mit mir die Prüfung abzulegen.
Sie gehen also zusammen zur Jagd, wer schießt denn da besser. Der Oberstleutnant der Reserve...
Stahlknecht: ...nein, meine Frau. Bei der Jagdprüfung hat sie neun von zehn Tontauben geschossen. Ich war froh, als ich die geforderten drei hatte. Seitdem bin ich zu Hause etwas ruhiger. Da ist sie der Innenminister.
Haben Sie schon einmal einen Bock geschossen?
Stahlknecht: Wir sind keine Trophäensammler, uns geht es auch nicht vordergründig ums Wildbret. Wir sitzen gern auf dem Hochsitz zusammen. Da kann man prima abschalten. Nach einer Viertelstunde hören Sie jedes Blatt fallen, man wird eins mit der Natur. Das ist ein sehr schönes Hobby...
Ich dachte beim Bockschießen auch mehr an die Politik.
Stahlknecht (lacht): Der Bock bei der Jagd löst mehr Freude aus, als der, den man in der Politik schießt.
Und?
Stahlknecht: Ach, jeder hat schon einmal in seinem Leben den berühmt Bock geschossen. Jedem passieren mal Fehler - und die muss man sich eingestehen. Und das, wenn der Schaden nicht allzu groß ist, mit der gewissen Selbstironie auch durchhalten.
Fällt Ihnen spontan etwas ein, woran Sie sich ungern erinnern?
Stahlknecht (denkt lange nach): Nichts, dass sich nachhaltig eingeprägt hätte.
Dann will ich mal helfen: Der Ministerpräsident wollte Sie wegen Ihrer Polizeireform feuern.
Stahlknecht: Wenn man Reformen macht, ist es immer ein schwieriger Weg. Das bringt Unruhe, aber das muss man durchhalten. Ich glaube, am Ende haben wir eine gute Lösung gefunden.
Es ist wieder alles glatt zwischen Ihnen und dem Ministerpräsidenten?
Stahlknecht: Von meiner Seite ist alles glatt. Und ich denke, von seiner Seite auch.
Und wer wird 2016 Spitzenkandidat der CDU?
Stahlknecht: Ich sage da auch ganz deutlich, der Ministerpräsident wird für sich entscheiden, wieder als Ministerpräsident anzutreten. Da hat er meine volle Unterstützung, wie er sie auch bislang gehabt hat. Und ich bin ausgesprochen gerne Innenminister und möchte das 2016 noch einmal fünf Jahre weitermachen.
Sie haben also keine Ambitionen auf den Sessel des Regierungschefs?
Stahlknecht: Nein, ich habe keine Ambitionen.
Sie sind erst recht spät in die Politik eingestiegen, haben dafür aber schnell Karriere gemacht. Wie das?
Stahlknecht: Ich wollte eigentlich nie Politiker werden. Ich habe ja Jura studiert und bin für mein Leben gern Jurist. Ich habe 1999 mal eine Wählergemeinschaft in meinem Heimatort Wellen beraten. Und am dritten Abend, bei einem Glas Rotwein - alles in Maßen versteht sich - habe ich gesagt, ich mache mit.
Und dann gleich Bürgermeister?
Stahlknecht: Das war Ironie des Schicksals. Gegen den Ex-Bürgermeister lief ein Strafverfahren, er ist zurückgetreten. Und ich war ja Staatsanwalt. Die Wählergemeinschaft schlug mich dann vor - und ich habe gegen die beiden anderen Kandidaten gewonnen.
Das ist schon überraschend. Als Zugezogener, und aus dem Westen...
Stahlknecht: Ja. Aber wir hatten von Anfang an ein sehr gutes Verhältnis zu den Menschen. Meine Frau und ich sind da sehr schnell angekommen. Und wir haben diese Ost-West-Debatte nie erlebt, das hat für uns auch keine Rolle gespielt. Unser Freundeskreis besteht zu 95 Prozent aus Menschen, die im Osten geboren sind. Die meisten werden auch gar nicht wissen, woher ich komme.
Sie wollen erneut Innenminister werden. Das setzt voraus, dass die CDU regiert. Haben Sie einen Plan B?
Stahlknecht: Ich trete auf jeden Fall wieder für den Landtag an, schließlich habe ich zweimal das Direktmandat mit dem besten Wahlergebnis für die CDU gewonnen. Ohne überheblich zu sein: Ich rechne mir ganz gute Chancen aus. Und wenn wir in die Opposition gehen müssten, würde ich neben dem Parlament mein Anwaltsmandat wieder aufnehmen. Zuvor würde ich aber zwei Wochen mit meiner Frau nach Ischia fliegen, um ein bisschen Abstand zu bekommen. Aber ich denke da nicht jeden Tag daran. Es kütt wie es kütt.
Und warum Ischia?
Stahlknecht: Wir lieben Italien, die Lebensart, die Menschen. Und wir verbinden damit schöne Erinnerungen. Wir waren das erste Mal da, da kannten wir uns erst kurz. (mz)
