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MZ-Gespräch mit Sanem Kleff MZ-Gespräch mit Sanem Kleff: «Es gibt kein Gebot, Kopftuch zu tragen»

23.09.2003, 16:48
Die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin. (Foto: dpa)
Die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin. (Foto: dpa) dpa

Berlin/MZ. - Frau Kleff, was erwarten Sie vom Karlsruher Urteil?

Kleff: Unabhängig davon, wie das Urteil ausfällt, hoffe ich, dass es nicht als Endpunkt einer Diskussion missinterpretiert wird. Es stellen sich Folgefragen, mit denen man sich auseinandersetzen muss.

Weshalb steht die GEW hinter dieser Klage?

Kleff: Frau Ludin hat als GEW-Mitglied um Rechtsschutz gebeten, nachdem man ihr die Übernahme in den Schuldienst trotz guter Zeugnisse verweigert hatte. Wir sind der Meinung, dass der Arbeitgeber nicht einfach ein äußeres Merkmal wie das Kopftuch zum Beweis für eine Haltung nehmen kann, die mit dem überparteilichen Auftrag der Schule nicht zu vereinbaren ist. Der Beweis dafür, dass Frau Ludin eine islamistische Grundeinstellung hat, hätte inhaltlich angetreten werden müssen.

Wenn das Kopftuch als religiöses Symbol gewertet wird, müsste dann auch das Tragen von Kreuzen oder Buddhas verboten werden.

Aus ihren Worten klingt trotzdem ein gewisse Distanz zu Frau Ludin. Warum ist das so?

Kleff: Sollte Ludin Recht bekommen, darf keinesfalls der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei dem Kopftuch ausschließlich um ein religiöses Symbol handelt. Ich bin selber Moslemin. Es gibt kein zwingendes Gebot, das Kopftuch zu tragen. Es ist längst auch ein Symbol für eine politische Bewegung, die mit ihren Zielen im Widerspruch zum Grundgesetz steht. Meine Sorge ist, dass ein Erfolg von Ludin von den Islamisten als Sieg gefeiert wird. Deshalb ist es unbedingt notwendig, präzise darzustellen, dass damit eben nicht das Kopftuch als Merkmal einer politischen Bewegung gemeint ist.

Sie haben Angst vor einem gerichtlichen Freibrief für Islamisten?

Kleff: Wenn die Gerichte nicht klarstellen, dass die Islamisten eine Gefahr sind, dann ist das eine Riesengefahr.

Was halten sie von den Feministinnen, die Ludin unterstützen?

Kleff: Diese Diskussion ist voller Widersprüche. Man kann das Tragen eines Kopftuchs nicht mit dem Tragen eines Minirocks vergleichen. Das ist naiv. Zwar steht hinter beidem auch eine Weltanschauung, aber die eine ist gut organisiert und bewaffnet. Es gibt gute Gründe, genauer hinzusehen.