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MZ-Gespräch mit Karl-Heinz Christoph MZ-Gespräch mit Karl-Heinz Christoph: «Kanzler muss den Rentnern helfen»

07.12.2004, 18:11

Halle/MZ. - Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?

Christoph: Millionen Bürger, die ihre Alterssicherungsansprüche in der DDR erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik mitgebracht haben, sind von Ungerechtigkeiten der Renten- und Versorgungsüberleitung betroffen. Interessengemeinschaften, Mandanten und wir als Prozessbevollmächtigte haben den Kanzler immer wieder darauf hingewiesen. Alle Vorschläge wurden in den Wind geschlagen. Dass die Sorgen der Betroffenen ignoriert und ihre Fragen nicht aufgegriffen werden, ist nicht länger hinnehmbar. Schröder muss zum Dialog gezwungen werden.

Hat er auf den Brief reagiert?

Christoph: Der Bundeskanzler, dem der Brief am 4. November zugegangen ist, hat noch nichts von sich hören lassen.

Was erwarten Sie von Schröder?

Christoph: Wir erwarten, dass der Kanzler den im Rechtsstaat unerlässlichen Dialog beginnt. Dazu müsste er unter Beteiligung der Betroffenen ein Gremium bilden, das kurzfristig einen Entwurf für ein "Gesetz zur Revision des Rentenüberleitungsgesetzes und zur Herstellung eines gerechten Alterssicherungsrechtes für die beigetretenen Bürger" ausarbeitet. Es wäre der falsche Weg, die Probleme weiter zu ignorieren oder auf die "biologische Lösung" zu setzen. Es gibt zu viele und viele zu stark Betroffene. Daher kann nur auf dem genannten Weg Rechtsfrieden geschaffen werden.

Wo sehen Sie heute noch die größten Gerechtigkeitslücken?

Christoph: Besonders bedrückend ist die Situation von Rentnern, die geringe Versichertenrentenansprüche mitgebracht haben. Deren Wert wird durch die so genannte Abschmelzung der Auffüllbeträge - das geschieht seit 1996 - noch vermindert. Im Klartext: Die Betroffenen, es sind Hunderttausende, haben seit 1996 keine Rentenerhöhung mehr bekommen. Benachteiligt werden viele ehemals im Gesundheitswesen, bei der Reichsbahn oder bei der Deutschen Post Beschäftigte. Ihnen werden zu DDR-Zeiten fest zugesagte Altersbezüge vorenthalten. Probleme haben früher in der Landwirtschaft oder in Gewerbebetrieben mithelfende Familienangehörige sowie LPG-Mitglieder. Entsprechendes gilt für jene, die in der DDR eine Zusatzrente aus der Freiwilligen Zusätzlichen Rentenversicherung erworben haben. Deren freiwillige Beiträge wurden zu eng begrenzten Pflichtbeiträgen umfunktioniert, was sich bei der Rentenberechnung nachteilig auswirkt. Die Liste könnte fortgesetzt werden.

Gerechtigkeitslücken zu schließen würde viel Geld Kosten. . .

Christoph: Es handelt sich hier nicht um Geld, das notleidenden ohne Eigentum in die Bundesrepublik gekommenen Rentnern geschenkt werden soll. Die Bürger haben ihre Ansprüche auf Versichertenrenten, Versorgungen und Zusatzrenten als Eigentum aus der DDR mitgebracht. Dieses wurde ihnen mit dem Rentenüberleitungsgesetz zu Unrecht genommen.