Mord an Generalbundesanwalt Buback Mord an Generalbundesanwalt Buback: Behörden prüfen neue Hinweise
Berlin/dpa. - Dabei geht es für Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalamt (BKA) undVerfassungsschutz um die Frage, wer tatsächlich im April 1977 dietödlichen Schüsse auf Buback und seine Begleiter abgegeben hat.Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ordnete auch eineUntersuchung an, ob Bundespolizei und Verfassungsschutz der Justizjahrzehntelang geheime Aussagen von Ex-Terroristen vorenthielten, diezu einer Neubewertung der Bluttat führen könnten.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte «restlose Aufklärung» derGeschichte der RAF und deren Morde. BKA-Präsident Jörg Ziercke sagte,nach ersten Erkenntnissen habe sein Amt sich nichts vorzuwerfen. Manwerde jetzt die Vorgänge gemeinsam mit der Bundesanwaltschaftuntersuchen. Diese begann mit den Ermittlungen zu einer möglichenjuristischen Neubewertung, die im Extremfall zur Wiederaufnahme vonRAF-Prozessen führen könnte. «Wir gehen den Hinweisen nach, was aberein umfangreiches Aktenstudium voraussetzt», sagte der Sprecher vonGeneralbundesanwältin Monika Harms, Frank Wallenta.
Bubacks Sohn Michael sagte der dpa am Montag: «Eigentlich kann ichdiese, mir erst seit dem Wochenende bekannten Informationen kaumglauben. Wenn sie dennoch zutreffen sollten, erwarte ich, dass esäußerst gewichtige Argumente für eine Zurückhaltung solchbedeutender, besonders auch für die Angehörigen wichtigerErkenntnisse gibt.» Und weiter: «Ich muss allerdings zugeben, dassich mir nachvollziehbare Argumente hierfür kaum vorstellen kann.»
Buback wünscht sich nach eigenen Worten, dass doch noch aufgeklärtwird, wer im April 1977 die tödlichen Schüsse abgegeben hatte. «AufGrund der Vielzahl überraschender neuer Erkenntnisse hoffe ichnatürlich, dass vielleicht doch noch eine Aufklärung der Morde anWolfgang Göbel, Georg Wurster und meinem Vater gelingt.»
An diesem Mittwoch will sich das Parlamentarische Kontrollgremiumdes Bundestags mit den Vorwürfen an die Behörden beschäftigen, diesich aus einem Bericht des Magazins «Der Spiegel» vom Wochenendeergeben. Dabei sollen erste Fragen an die Regierung gerichtet werden.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm warnte vor «vorschnellenSchlüssen». Ähnlich äußerten sich Politiker anderer Parteien. Laut«Spiegel» gibt es Hinweise, dass das Attentat auf GeneralbundesanwaltBuback anders ablief als gerichtlich festgestellt. DieSicherheitsbehörden hätten ihre Erkenntnisse aber zum Schutz ihrerInformanten nicht zur juristischen Auswertung freigegeben.
Zu den Mördern Bubacks und seiner beiden Begleiter soll laut«Spiegel» entgegen bisheriger Annahmen der frühere RAF-TerroristStefan Wisniewski gehören. Er soll der Todesschütze gewesen sein. Die«Süddeutsche Zeitung» meldete dagegen, bei den Ermittlungen zum FallBuback habe es keinerlei Spuren gegeben für eine MittäterschaftWisniewskis. Dieser war wegen des Attentats auf ArbeitgeberpräsidentHanns Martin Schleyer im Herbst 1977 zu lebenslanger Haft verurteiltworden. Seit 1999 auf freiem Fuß. Bisher galt als gesichert, dassKlar und die inzwischen freigelassene Ex-RAF-Mitglieder GünterSonnenberg und Knut Folkerts das Buback-Attentat direkt verübten.
Der Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele verlangte von denSicherheitsdiensten eine vollständige Wiedergabe ihrer strafrechtlichrelevanten Informationen zu den RAF-Tätern. «Die Sicherheitsdienstedürfen keine Fehlurteile in Kauf nehmen», sagte er der dpa. FDP-ChefGuido Westerwelle sagte, falls sich herausstellen sollte, dassBehörden Informationen der Justiz verschwiegen hätten, «dann wird dasin jedem Fall ein politisches und juristisches Nachspiel haben».
Nach Auskunft des Vorsitzenden des ParlamentarischenKontrollgremiums, Max Stadler (FDP), wird die Runde in geheimerSitzung die Bundesregierung nach deren Erkenntnissen befragen. Auchhier wird es darum gehen, ob die Sicherheitsdienste entscheidendeInformationen zu den damaligen Tätern zurückgehalten haben.
Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger sieht in denneuen Hinweisen keinen Grund, die Prozesse gegen die nach dem Buback-Mord verurteilten Knut Folkerts und Christian Klar neu aufzurollen.«Es gibt keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf Folkerts oderChristian Klar, die zu einem Überdenken dieser Verfahren Anlass gebenwürden», sagte er am Montag im ZDF. Die neuen Informationen seienkein Anlass für ein Wiederaufnahmeverfahren. Es handele sich um «dietypische Mittäterschaft nach dem deutschen Strafrecht».Bundespräsident Horst Köhler prüft derzeit eine Begnadigung Klars.
