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Minderheitsregierung Minderheitsregierung: Modell mit Seltenheitswert

Von THOMAS KRÖTER 14.07.2010, 18:38

BERLIN/MZ. - In Skandinavien war sielange nichts Ungewöhnliches: Die Minderheitsregierung.In Deutschland ist eine Regierung ohne festeMehrheit im Parlament die Ausnahme, im Bundwie in den Ländern. In der Regel amtierenMinderheitskabinette nur nach dem Bruch einerKoalition bis zur Neuwahl. Nur in drei Fällenwar es auf Länderebene anders.

Am längsten regierte Reinhard Höppner (SPD)in Sachsen-Anhalt so. Acht Jahre hielt sein"Magdeburger Modell". Bei der Landtagswahl1994 wurde die CDU/FDP-Koalition von ChristophBergner abgewählt. Die FDP verpasste die Fünf-Prozent-Hürde.Doch im Vier-Parteien-Landtag reichte es auchfür SPD und Grüne nicht. Daraufhin bildeteHöppner ein rot-grünes Minderheitskabinett,das sich von der PDS tolerieren ließ. 1998scheitern auch die Grünen. Höppner bildeteunter Duldung der PDS eine reine SPD-Regierung- bis 2002 Wolfgang Böhmer (CDU) mit der FDPdie Wahl gewann.

In der alten Bundesrepublik erschloss eineMinderheitsregierung in den 80er Jahren historischesNeuland: In Hessen war sie die Vorstufe zurersten rot-grünen Koalition. Kurz vor derLandtagswahl 1982 hatten die FDP-Ministerdie Bundesregierung von Helmut Schmidt (SPD)verlassen. Die Partei scheiterte an der Fünf-Prozent-Klausel.Ministerpräsident Holger Börner (SPD) warohne Koalitionspartner, blieb aber geschäftsführendim Amt. Nach Neuwahlen ließ er sich 1984 vonden Grünen tolerieren, 1985 ging er eine Koalitionmit ihnen ein, die bald zerbrach.

Fast vergessen ist dagegen die MinderheitsregierungRichard von Weizsäckers in Berlin: 48 Prozentreichten für den späteren Bundespräsidenten1981 nicht zur absoluten Mehrheit. Er bildeteeinen Minderheitssenat, der von der FDP toleriertewurde. Erst nach dem Bruch der SPD/FDP-Koalitionin Bonn war sie im Herbst 1982 zu einer bürgerlichenKoalition bereit.

Zwei Mal gelangen Sozialdemokratinnen Minderheitsregierungennicht: In Schleswig-Holstein wollte sich HeideSimonis 2005 vom SSW, der Partei der dänischenMinderheit tolerieren lassen – und verfehltein vier geheimen Wahlgängen die Mehrheit.2008 scheiterte in Hessen Andrea Ypsilantimit dem Versuch einer von der Linken geduldetenMinderheitsregierung, weil vier SPD-Abgeordnetesich öffentlich verweigerten.