Medien Medien: Union: «Caroline-Urteil» soll Bundestag beschäftigen

Münster/Berlin/dpa. - Das «Caroline-Urteil» des EuropäischenGerichtshofs für Menschenrechte zu Prominenten-Fotos soll nach demWillen der Unionsfraktion den Bundestag beschäftigen. Das Urteilbehindere die Arbeit der Presse mehr als notwendig, sagte der Unions-Medienpolitiker Ruprecht Polenz der «Münsterschen Zeitung»(Donnerstag). Die Unionsfraktion wolle die Bundesregierung daher ineinem Entschließungsantrag auffordern, in Straßburg Rechtsmittelgegen das Urteil einzulegen.
Die Bundesregierung hatte am Mittwoch trotz des massiven Drucksdeutscher Medien beschlossen, das Urteil zu akzeptieren. Im Gegensatzzu zahlreichen Verlagen und Rundfunkanstalten sieht das Kabinett diePressefreiheit durch die Entscheidung nicht gefährdet. Mit dem Urteilhatte sich Prinzessin Caroline von Monaco am 24. Juni mit ihrer Klagegegen die Veröffentlichung von Fotos aus ihrem Privatlebendurchgesetzt. Polenz, der auch Chef des ZDF-Fernsehrates ist, sagteder «Münsterschen Zeitung», die Argumentation der Regierung gehe ander Sache vorbei.
Nach Angaben von ZDF-Intendant Markus Schächter hat dieEntscheidung der Bundesregierung weit reichende Folgen für das ZDF.Es sei zu befürchten, dass Begründungen des StraßburgerRichterspruchs von deutschen Gerichten verallgemeinert und aufjedwede Form der Berichterstattung angewendet würden, sagte er derTageszeitung «Die Welt» (Donnerstag). Der Angriff auf dieKernbestandteile der Medienfreiheit sei nicht hinnehmbar.
Das Bundesverfassungsgericht besteht nicht auf einer Anrufung derGroßen Kammer des Europäischen Gerichtshofes, teilteGerichtspräsident Hans-Jürgen Papier mit. Falls sich zeigen sollte,dass es dauerhafte Kollisionen zwischen dem Schutz der Pressefreiheitnach dem Grundgesetz und der Rechtsauffassung des EuropäischenGerichtshofes für Menschenrechte gebe, müsse dies gegebenenfalls ineinem späteren Verfahren geschehen.
Nach Informationen der «Financial Times Deutschland» (Donnerstag-Ausgabe) stimmten im Kabinett Justizministerin Brigitte Zypries undWirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) dafür, dasStraßburger Urteil anzufechten. Alle übrigen Minister seien wieBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Vizekanzler Joschka Fischer(Grüne) dagegen gewesen. Besonders Fischer habe sich vehement dafüreingesetzt, das Urteil zu akzeptieren. Schröder und Fischer hattensich selbst mehrfach juristisch gegen Berichte und Fotos aus ihremPrivatleben zur Wehr gesetzt.