Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern: In der Reuterstadt Stavenhagen ist «Alles Pfanni»

Stavenhagen/dpa. - «Darauf haben wir seit 1991 hingearbeitet», sagt Bernd Mahnke, der für die CDU die Verwaltung führt. Das 55 Hektar große Industriegebiet war eines der ersten im deutschen Osten und der «Leuchtturm der Hoffnung» im Kreis Demmin, der mit einer Arbeitslosenquote von knapp 30 Prozent zu den wirtschaftlich schwächsten Regionen bundesweit zählt. Jetzt ist das Industriegebiet zu 75 Prozent ausgelastet. Der größte Coup gelang den Mecklenburgern gleich zu Anfang: Pfanni verlegte seinen Sitz aus Bayern nach Stavenhagen.
Heute gehört der Kartoffelveredler zum Weltkonzern Unilever, derim Gegensatz zu manch anderem Gewerbesteuern zahlt. Pfanni ist mit 300 Beschäftigten größter Arbeitgeber und Steuerzahler Stavenhagens. Dazu kommen die Deutschland-Zentrale der dänischen Handelskette Netto mit mehr 3000 Mitarbeitern östlich der Elbe, mehrere Speditionen und eine Molkerei.
Nach Millioneninvestitionen in den 90er Jahren musste Stavenhagenlange auf Steuern warten. «Zunächst griffen Abschreibungen», sagtMahnke. Heute gibt es 2283 Arbeitsplätze in 380 Firmen - rund 600Arbeitsplätze mehr als vor der Wende.
«Ab 2002 kamen Gewerbesteuern, erst vier Millionen Euro, dann rund20 Millionen je 2003 und 2004», sagt Mahnke. Das sei deutlich mehrals die Landeshauptstadt Schwerin einnehme. Die Kredite wurdengetilgt, Straßen gebaut, ein Waldbad, Schulen und Kindergärtenmodernisiert. Jeder Schulabgänger kann eine Lehrstelle kriegen.Trotzdem hat Mahnke Sorgen: Die Bundeswehr habe der Stadt einKuckucksei ins Nest gelegt. Der erst millionenschwer sanierteStandort Basepohl wird bis 2007 geschlossen. «Sonst hätten wir garkeinen Einwohnerrückgang.»
«Das ist die absolute Ausnahme, auch im Westen», sagt Städtetags-Vize Wilcken über das kleine Gewerbesteuer-Wunder. Die westdeutschenStädte haben im Durchschnitt zudem einen fast doppelt so hohenGewerbesteuerhebesatz wie Stavenhagen, haben Experten errechnet. DerDeutsche Städtetag sieht trotz solcher Lichtblicke wie Stavenhagenkein Ende der kommunalen Finanzmisere. Städtetags-Präsidentin PetraRoth (CDU) macht dafür vor allem die Länder verantwortlich. 2005werde das Gesamtdefizit wieder von 4,1 auf 7 Milliarden Euro steigen,hat sie errechnet. Die Länder hielten zugesagte Gelder zurück undsanierten auf Kosten der Kommunen ihre eigenen Haushalte, erklärt dieOberbürgermeisterin von Frankfurt/Main. Der Städtetag erwartet zudemdeutliche Mehrkosten bei der Hartz-IV-Reform.
Auch der Stavenhagener Bürgermeister hat schon Kehrseiten seinerhohen Einnahmen zu spüren bekommen: «Wir müssen mehr als zehnMillionen Euro an Land, Bund und Kreis wieder abführen.» Zudem wolleder Kreis sich nicht mehr an der Finanzierung des Museums für denniederdeutschen Dichter Fritz Reuter (1810-1874) beteiligen. «Daswäre mehr als unfair, schließlich arbeiten bei uns auch nicht nurLeute aus dieser Stadt», findet Mahnke.