1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Marokko: Marokko: König Mohammed VI. gibt Teil seiner Macht ab

Marokko Marokko: König Mohammed VI. gibt Teil seiner Macht ab

Von Paul Schemm 18.06.2011, 07:52
König Mohammed VI. von Marokko hat die Verfassung drei Monate überprüfen lassen. (FOTO: DPA)
König Mohammed VI. von Marokko hat die Verfassung drei Monate überprüfen lassen. (FOTO: DPA) MAP/HANDOUT

Rabat/dapd. - Die Befugnisse von Ministerpräsident, Parlament und Justizsollen erweitert werden, der Monarch solle aber Oberbefehlshaber derStreitkräfte und als Vorsitzender von wichtigen Gremien weiterhinzentrale Figur des politischen Systems bleiben. Am 1. Juli solldarüber in eine Volksabstimmung entschieden werden, sagte Mohammedam Freitagabend in einer Grundsatzrede.

Nach Demonstrationen für demokratische Reformen im Februar hatteder König eine dreimonatige Überprüfung der Verfassung angekündigt.Die Demonstrationen waren von den Protestwellen in Tunesien undÄgypten ausgelöst worden. Mohammed sagte, die Verfassungsreformbestätige «die parlamentarische Natur des politischen SystemsMarokkos». Damit werde der Grundstein für ein «effizientes,rationales Verfassungssystem gelegt, dessen Kern die Balance,Unabhängigkeit und Gewaltenteilung ist und dessen wichtigstes Zieldie Freiheit und Würde der Bürger ist.»

Nach der Rede des Königs fuhren Autos mit marokkanischen Fahnenhupend durch die Straßen von Rabat, auf den Boulevards warenjubelnde junge Menschen zu sehen. Während der König in Marokkopopulär ist, gelten die ihm in der Regel ergebenen Politiker undParteien als korrupt und habgierig.

Mehr Befugnisse für Ministerpräsident, Parlament und Justiz

Die bisherige Verfassung ist 15 Jahre alt und gibt dem König dieMachtfülle eines absoluten Herrschers. Der Reform zufolge soll derMinisterpräsident mehr Vollmachten erhalten und grundsätzlich vonder Partei gestellt werden, die bei der Wahl die meisten Stimmenerhalten hat. Bisher wurde der Ministerpräsident vom König ernannt.

Künftig soll der Ministerpräsident über die Zusammenstellungseines Kabinetts entscheiden, auch über die Ernennung und Entlassungvon Ministern und über die Besetzung anderer Regierungsämter. DieErnennung der mächtigen Gouverneure in den Regionen bleibt aber beimKönig, der auch weiterhin zwei der wichtigsten Gremien imMachtgefüge vorsitzt: Dem Ministerrat und dem OberstenSicherheitsrat. Der Ministerpräsident kann Sitzungen dieser Räteleiten, aber nur nach der vom König vorgegebenen Tagesordnung.

Auch die Rolle des Parlaments will Mohammed stärken.Untersuchungen sollen bereits mit der Unterstützung von einemFünftel der Abgeordneten eingeleitet werden können,Misstrauensanträge gegen Kabinettsmitglieder mit der Unterstützungvon einem Drittel. Bisher sind dafür einstimmige Beschlüsseerforderlich.

Die Unabhängigkeit der Justiz soll ein Oberster Ratsicherstellen, dem Richter und der Leiter des NationalenMenschenrechtsrats angehören sollen - nicht aber der Justizminister.

Skepsis bei Demokratiebewegung

Aktivisten der Demokratiebewegung 20. Februar reagiertenskeptisch auf die vom König verkündete Verfassungsreform. «Vorherhatten wir einen absoluten Monarchen, jetzt haben wir einenabsoluten Monarchen und auch noch einen Papst», sagte ElaabadilaChbihna. Mohammed habe über die guten Elemente der Verfassunggesprochen und die kontroversen einfach ausgelassen, sagte derAktivist, der nach eigenen Angaben Einsicht in eine Kopie desVerfassungsentwurfs hatte. Die Zahl der Artikel steige von 108 auf180, der König behalte die Macht aber in der Hand.

Die Abgeordnete Mbarka Bouaida von der Nationalen Versammlung derUnabhängigen sagte dagegen, sie sehe in der Verfassung einenwichtigen Schritt zur Öffnung des politischen Systems. In demEntwurf werde ein klares Bekenntnis zu Menschenrechten,Gleichberechtigung und Religionsfreiheit abgegeben. «Ich denke, esist ein Fortschritt», sagte Bouaida der Nachrichtenagentur AP.«Vielleicht brauchen wir in zehn oder 15 Jahren wieder eine neueVerfassung, aber wir müssen erst durch diese gehen und denpolitischen Parteien Zeit geben, stärker zu werden.»

Die derzeitige Schwäche der politischen Parteien sei ein Problemdes Systems. «Es hängt davon ab, was wir daraus machen», sagte diePolitikerin weiter. «Was diese Verfassung wirklich wichtig hinzufügtist, dass wir die Politik institutionalisieren.»