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Seit Jahren Thema Marihuana: Kriminalbeamte wollen Cannabis entkriminalisieren - CDU dagegen

Von Eliana Berger 05.02.2018, 14:54
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat sich für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. 
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat sich für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen.  Orange County Register via ZUMA

Berlin - Die Union hat den Vorstoß des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zurückgewiesen, den Konsum von Cannabis zu entkriminalisieren. „Unser Kampf gegen illegale und harte Drogen wird nicht leichter, wenn wir eine Einstiegsdroge legalisieren“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Union-Bundestagsfraktion, Stephan Harbarth (CDU), dieser Zeitung. „Wir wollen nicht zum Drogenkonsum verleiten, frei nach dem Motto. „Was erlaubt ist, kann problemlos ausprobiert werden“. Eine Legalisierung würde ein deutliches Signal der Unbedenklichkeit senden, gerade an Kinder und Jugendliche.“

Durch die Legalisierung sei ein Anstieg des Konsums zu erwarten. Wo die Verfügbarkeit leichter werde, steige auch die Nachfrage. „Jede Aufweichung führt zu Verharmlosung. Verharmlosung führt zu mehr Konsum. Und mehr Konsum führt zu mehr drogenbedingten Gesundheitsschäden.“

Ähnlich äußerte sich auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). In Einrichtungen für suchtkranke Jugendliche sei deutlich zu sehen, welche Folgen der Konsum habe. „Es gibt keinen Grund, einen Joint schönzureden“, sagte Pressesprecher Wolfgang Schönwald dieser Zeitung. Die Gewerkschaft halte daher an den bestehenden Regelungen fest.

Suchtkranke suchen sich oft erst spät Hilfe

Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, hält das für den falschen Ansatz: „Aus Sicht der Suchtkrankenhilfe ist die strafrechtliche Verfolgung nicht hilfreich“, sagte er dieser Zeitung. Die Begründung von GdP und Union für ein Verbot sei zwar plausibel: Cannabis sei ein riskanter Stoff, der schwere Schäden anrichten könne. Die Kriminalisierung führe jedoch dazu, dass sich Suchtkranke erst spät Hilfe suchten. Außerdem könne so keine angemessene Aufklärung stattfinden. Lehrer hätten nicht die Möglichkeit, differenziert über zu Cannabis sprechen, ohne Gefahr zu laufen, sich strafbar zu machen. Auch die Zahlen sprächen nicht für ein Verbot: „Aus internationalen Untersuchungen wissen wir, dass es den Konsum nicht senkt.“ Die Reaktion von Union und GdP sei ein Kurzschluss. Die Polizei würde mit der Verfolgung von Cannabis-Konsumenten viele Ressourcen binden, ohne etwas Positives zu bewirken.

Auch der Schildower Kreis, ein Netzwerk von Experten, das sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzt, kritisiert die aktuelle Handhabe„Das Strafrecht ist nicht das geeignete Instrument, um mit der Drogenfrage umzugehen“, sagte Rechtsanwalt Heiko Mohrdiek dieser Zeitung. Cannabis sei keine Einstiegsdroge, sondern ein Einstieg in die Illegalität. Sebastian Scheerer, Professor für Kriminologie an der Universität Hamburg, hält den Umgang mit Drogen für ein gesellschaftliches, nicht für ein strafrechtliches Thema. Eine Strafe dürfe grundsätzlich nur das letzten Mittel sein: „Das Strafrecht ist nicht dafür gemacht, Leute zu einem gesunden Leben zu zwingen.“

„Kriminelle Karrieren“

Zu Beginn der Debatte hatte die Forderung des Bunds Deutscher Kriminalbeamter gestanden, das Cannabis-Verbot in Deutschland zu beenden. Die Regelung sei „historisch betrachtet willkürlich erfolgt“ und „weder intelligent noch zielführend“, sagte der BDK-Vorsitzende André Schulz der Bildzeitung. Die jetzige Rechtslage würde „kriminelle Karrieren“ erst entstehen lassen.

Die Entkriminalisierung von Cannabis ist seit Jahren ein Thema in der Politik. Zuletzt war sie im Zuge der Jamaika-Sondierungen diskutiert worden. Grüne und FDP sprachen sich für eine Freigabe aus. Vorbild könnten Modelle anderer Länder sein, die Cannabis entkriminalisiert oder legalisiert haben – zum Beispiel Portugal, Uruguay oder einige US-Bundesstaaten. In den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD spielte das Thema keine Rolle.