Margot Honecker Margot Honecker: Erziehung mit eiserner Hand

Berlin/dpa. - Zu ihrem 80.Geburtstag am 17. April wird sich das wohl nicht ändern. Letztmalswar die vielfach als heimliche Machthaberin im Arbeiter- und Bauern-Staat angesehene Margot Honecker hier zu Lande 2002 in einer Fernseh-Dokumentation zu sehen. Da hielt sie ein Notizbuch mit Telefonnummernihres Mannes in die Kamera. Aber zu ihrer Verantwortung in DDR-Zeitenwollte sie auch dort keine Stellung nehmen.
Gut ein Vierteljahrhundert - von 1963 bis zu ihrem Rücktritt imWendeherbst 1989 - hatte die stets elegant gekleidete Ministerin mitdem Blaustich im Haar mit eiserner Hand sozialistische Ideologie anSchulen und in Kindergärten durchgesetzt. Gegen den Widerstand derKirchen führte sie 1978 an den Schulen Wehrkunde-Unterricht ein.Christlich engagierte Schüler wurden oft benachteiligt und bekamenhäufig keinen Studienplatz. Noch 1989 hielt die als dogmatischverhasste Frau eine «Erziehungsrichtlinie» hoch, wonach derSozialismus notfalls mit der Waffe verteidigt werden müsse.
Nach der Wende wurde gegen die frühere SED-Politikerin wegen ihrerVerantwortung für Zwangsadoptionen von Kindern ermittelt, derenEltern wegen «Republikflucht» oder Spionage verhaftet worden waren.Der Prozess wurde 1994 eingestellt. Weit über die DDR-Grenzen hinweghatte die Hardlinerin 1988 für Aufsehen gesorgt, als auf ihre Weisungvier aufmüpfige Schüler von der Carl-von-Ossietzky-Oberschule inBerlin-Pankow verwiesen wurden. Sie hatten sich gegen Militärparadengewandt.
Zu ihrem 60. Geburtstag bekam die «Heldin der Arbeit» von EhemannErich den hohen Karl-Marx-Orden überreicht - wegen ihrer«revolutionären Leidenschaft». Den Staats- und Parteichef soll MargotHonecker wie eine Marionette geführt haben, schrieb der AutorReinhold Andert in seinem Buch «Nach dem Sturz». Er hatte dieHoneckers nach der Wende eine Zeit lang begleitet.
Die am 17. April 1927 in Halle/Saale geborene Margot Feist machtenach dem Krieg als SED-Mitglied Karriere in der JugendorganisationFDJ. Schnell stieg die gelernte Telefonistin zur Vorsitzenden derKinderorganisation «Junge Pioniere» auf. Mit 22 Jahren war sie diejüngste Abgeordnete in der Volkskammer, dem DDR-Parlament.
Nachdem Erich Honecker am 18. Oktober 1989 als DDR-Staats- undParteichef zurücktreten musste, legte seine Frau zwei Tage später«aus persönlichen Gründen» ihr Amt nieder. Im März 1991 setzten sichdie Honeckers aus dem sowjetischen Militärhospital Beelitz beiPotsdam per sowjetischer Militärmaschine nach Moskau ab. Die Bildervon Spaziergängen an der Seite ihres schwer kranken Mannes durch dieGärten der russischen Hauptstadt gingen um die Welt.
Im Juli 1992 wurde Erich Honecker nach Deutschland zurückgebrachtund musste in Berlin-Moabit in Untersuchungshaft. Seine Ehefrau flogdamals für immer nach Chile zu ihrer Tochter Sonja. Ihr fast 15 Jahreälterer Mann lebte nur noch kurz bei ihr, bevor er 1994 im Alter von81 Jahren starb. Das Gerichtsverfahren gegen den schwer krebskrankenAngeklagten wegen 50fachen Totschlags an der früheren innerdeutschenGrenze war 1993 eingestellt worden. Chile hatte den Honecker-Aufenthalt in Erinnerung an solidarische DDR-Zeiten als «humanitärenAkt» gebilligt: Anfang der 70er Jahre hatte die DDR nach der blutigenPinochet-Machtübernahme Tausende Flüchtlinge aufgenommen.
Aus den wenigen Äußerungen der vereinsamten Kommunistin gehthervor, dass sie sich treu geblieben ist. So erklärte sie 2001anlässlich der Buchvorstellung «Gespräche mit Margot Honecker überdas andere Deutschland», niemand könne von ihr ernsthaft erwarten,dass «ich meine Weltsicht und Überzeugungen auf dem Altar derZeitgeschichte niederlege». Sie stehe aus voller Überzeugung zur DDR,auch wenn man sie dafür als «Unbelehrbare» verleumde.
Zuletzt hatte der Sohn von Margot Honeckers Bruder Manfred Feistöffentlich mit den Honeckers abgerechnet. Sein Onkel Erich sei ein«Verräter am Sozialismus» gewesen, der wegen Landes- und Hochverratshätte angeklagt werden müssen, sagte Peter Feist 2003 in einemInterview. Auch Margot Honecker sei zu keiner kritischen Einsichtfähig und damit selbst Opfer stalinistischer Ideologie.