Kraftstoff Kraftstoff: Grenzgänger bleiben Tschechiens Zapfsäulen treu

Markneukirchen/Luby/ddp. - Rabattegebe es, bestätigt der Kassierer. Der Kunde nickt zufrieden, bezahlteine Tankfüllung nebst zwei vollen Zehn-Liter-Benzinkanistern, kauftnoch Zigaretten und macht in dem kleinen Kassenhäuschen Platz für dennächsten Tank-Touristen.
Trotz gesunkener Spritpreise in Deutschland und den winterlichenVerkehrsbedingungen locken günstige Spritpreise in Tschechienweiterhin die Deutschen an. Nach einer Untersuchung des ADAC inMünchen ist derzeit der Liter Superbenzin in den tschechischenGrenzregionen im Durchschnitt um 20 Cent billiger als hierzulande.
Der Tanktourismus sei ungebrochen, sagt in einem guten DeutschJaroslav Kohák, Chef der kleinen Tankstelle in Luby. Im Sommer 2008war nach mehreren Jahrzehnten der Grenzübergang zwischen demwestböhmischen Luby und Wernitzgrün im Vogtland für den Autoverkehrwieder frei gegeben worden.
Für einige Vogtländer rückten somit die günstigen tschechischenZapfsäulen noch ein Stück näher. In Luby hat Kohák an seinerMini-Tanke mit drei Zapfsäulen täglich rund 200 Kunden, die Hälftedavon sind Deutsche. Kohák hat jedoch schon ganz andere Kundenströmeerlebt.
Zehn Jahre lang sei er von 1998 bis 2008 Geschäftsführer einerStation in Hazlov bei Schönberg/Vojtanov gewesen. Vor dem EU-BeitrittTschechiens im Jahr 2004 seien die Bayern und Sachsen aus bis zu 80Kilometer weit entfernten Regionen gekommen und hätten sich in langeSchlangen eingereiht, um stundenlang vor den Benzinpumpenauszuharren, sagt er.
Damals habe der Preisunterschied pro Liter Benzin noch um die 70Pfennige (etwa 35 Cent) betragen. Heutzutage kämen die Tanktouristennicht mehr von so weit her. «Das lohnt sich nicht mehr», sagt Kohák.Trotzdem fließe der Besucherstrom nach wie vor, er verteile sich nurauf mehrere Tankstellen.
Mit dem Tanktourismus geht für Deutschland nach Expertenschätzungder volkswirtschaftliche Schaden in die Milliarden. Statistiken gibtes nicht.
Während der tschechische Tankwart Kohák nach eigener Aussage vonseinem Geschäft leben kann, kämpft sein deutscher Kollege WolfgangHübner ums Überleben. Hübner betreibt seit 18 Jahren eine Station inAdorf auf der Bundesstraße B 92. Der Benzinverkauf läuft seinenAngaben nach seit Jahren nicht gut.
Seitdem im Sommer 2008 neben dem Grenzübergang Luby auch derGrenzübergang Bärenloh/Hranice für den Auto- und Lkw-Verkehr bis 3,5Tonnen frei gegeben wurde, hat sich für den 58 Jahre alten Hübner dieSituation noch verschlechtert. Denn mit der Öffnung nach Hranice istebenfalls eine neue Tanke eröffnet worden, nur vier Kilometer vonHübners Geschäft entfernt.
Er habe zwar noch Stammkunden, aber von denen sei der Großteilauch schon über Bärenloh abgewandert, sagt er. Mit demTankstellen-Shop halte er sich über Wasser. Auch seine Frau ist imSpritgeschädft, hat eine Tankstation bei Markneukirchen. Nein,Konkurrenz sei sie nicht, sagt Hübner. Die wenige Kundschaft bleibeso zumindest in der Familie, hofft er.
In Hranice komme es wie früher noch manchmal zu Staus, erzähltTino Lehmann aus Adorf, vor allem am «Tanktag Mittwoch» und an denWochenenden in den Nachmittagsstunden. Durchschnittlich lässt der41-Jährige 50 Euro im Monat im Nachbarland. Seit Jahren tankt Lehmannnur in Tschechien, um zu sparen. Einmal pro Woche macht sich auchHeiko Glaß auf die Strecke ins Böhmische. Neben Benzin kauft er sichauch einen Kasten Bier, Zigaretten und Kaffee. «Auch der ist billigerals bei uns», sagt Glaß.
Der böhmische Tankstellen-Boss Kohák versteht die Deutschen, aberfür ihn persönlich kommt die «Benzin-Pendelei» nicht in Frage. Erwürde keine Umwege und Wartezeiten in Kauf nehmen. «Zeit ist dochteurer als jeder Benzinpreis», sagt der 35-Jährige.