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Konferenz von Jalta 1945 Konferenz von Jalta 1945: Die Wiege des Ostblocks

Von Chris Melzer 07.02.2005, 18:48
In Jalta auf der Krim treffen sich im Februar 1945 der britische Premierminister Winston Churchill, US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der sowjetische Diktator Josef Stalin (von links, sitzend) zu einer Konferenz über die Neugestaltung Europas. (Foto: dpa)
In Jalta auf der Krim treffen sich im Februar 1945 der britische Premierminister Winston Churchill, US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der sowjetische Diktator Josef Stalin (von links, sitzend) zu einer Konferenz über die Neugestaltung Europas. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Churchill hatte zunächst keine Lust gehabt, zum Treffen mit demdurch die Winteroffensive der Roten Armee erstarkten Stalin nachJalta zu fliegen. «Wir könnten zehn Jahre lang suchen, ohne einenderart abscheulichen Ort zu finden. Das ist einzig und allein einParadies für Läuse.» So deutlich telegrafierte er an Roosevelt. Dochdie Konferenz begann schließlich am 4. Februar mit dem Ziel, die vonden drei Mächten 14 Monate zuvor in Teheran gefassten Beschlüsse zukonkretisieren.

Die ungleiche Koalition zeigte jedoch schon Risse. Stalin wolltemöglichst weite Gebiete unter russische Hegemonie bringen, Churchillhingegen sah nach Hitler eine neue Bedrohung und wollte den Russenkeinen Fuß weichen. Roosevelt kam die Rolle des Mittlers zu. DieKonferenz war erstaunlich wenig vorbereitet. Eine Tagesordnung gab esebenso wenig wie einen klaren Problemkatalog. Stattdessen traf mansich in mehr oder weniger formellen Gesprächen und verhandelte auchschon mal bilateral - am jeweils Dritten vorbei.

Zu den umstrittensten Fragen gehörten die neuen Grenzen Polens.Die Exilregierung in London stellte Ansprüche, denen Stalin aufkeinen Fall nachgeben wollte. Angeblich legte er zwei Bleistifte aufeine Karte, dort wo vor dem Krieg die polnische Ost- und dieWestgrenze lagen. Dann rückte er beide Bleistifte einige Zentimeternach links, um die Sowjetunion so auf Kosten Deutschlands zuvergrößern. Das Problem, dass Polen dazwischen lag, wurde einfach mitVerschiebung gelöst. Dass das für Millionen die Vertreibung oder denTod bedeutete, war kein Thema in Jalta.

Tatsächlich liegt die polnische Ostgrenze noch heute, wie vonStalin gefordert, auf der so genannten Curzon-Linie, benannt nach demenglischen Außenminister und Völkerbundvermittler George Curzon.Ostpolen, das Baltikum, Bessarabien, Königsberg - die Sowjetunionwuchs um fast eine halbe Million Quadratkilometer. Die Polen wurdenmit Schlesien und Westpreußen sowie Teilen Ostpreußens undOstbrandenburgs entschädigt, Gebiete, die einst zu Deutschlandgehörten.

Zugleich forderten die Russen die Anerkennung der von ihneninstallierten «Lubliner Regierung» in Polen. Der Westen willigte ein- und akzeptierte gleichsam die Hegemonie der Sowjets in Osteuropa.Rumänien, Bulgarien, Albanien, Polen, Ungarn, die Tschechoslowakeiund der von der Roten Armee besetzte Teil Deutschlands, die spätereDDR, gehörten fortan zum Machtbereich Moskaus. Der Ostblock warentstanden.

Auch die Amerikaner setzten sich mit ihrem, bescheideneren, Wunschdurch. US-Präsident Woodrow Wilson hatte nach dem Ersten Weltkriegden Völkerbund initiiert. Doch das Gremium blieb schwach und konnteden neuerlichen Weltkrieg nicht einmal verzögern. Der todkrankeRoosevelt schlug nun eine Nachfolgorganisation vor, hierarchischerstrukturiert und schlagkräftiger. Der Premier und der Diktatorstimmten dem Präsidenten zu: Ein halbes Jahr später wurden in SanFrancisco die UN gegründet.

Zu den kleineren Ergebnissen der Konferenz gehörte derKriegseintritt der Sowjetunion im Pazifik, der drei Monate nach derKapitulation in Deutschland erfolgen sollte. Als Gegenleistungbeanspruchte Moskau die Halbinsel Sachalin. Zudem wurde den Franzosen- Charles de Gaulle war zu seiner höchsten Verärgerung wieder nichteingeladen worden - eine Besatzungszone auf Kosten der Briten undAmerikaner zugestanden. Kriegsteilnehmer Kanada bekam keine. Dann,sagte Stalin, müsste man auch den Jugoslawen eine solcheBesatzungszone einrichten.

Eine der wichtigsten Fragen blieb ungeklärt: Welche Zukunft solltedas besiegte Deutschland haben. Der Morgenthau-Plan - UmwandlungDeutschlands in Agrarland - war bereits zu den Akten gelegt, doch dieRussen forderten eine Reparation von 20 Milliarden Dollar, dieDemontage von 80 Prozent der deutschen Industrie und die AufteilungDeutschlands in Kleinstaaten. Die Frage wurde ausgeklammert,verschoben auf die Zeit nach dem Krieg. Bis dahin galt ChurchillsWort: «Wenn Sie ein Pferd haben, das einen Wagen ziehen soll, müssenSie ihm Futter geben.»