Kommentar zur CDU Kommentar zur CDU: Merkel hat in Kramp-Karrenbauer ihre Kronprinzessin gefunden

Jetzt ist sie da, die Merkel-Nachfolgerin. Quasi mit einem Fingerschnips hat sich die Lage in der CDU geändert. Eben stand Angela Merkel noch da als die ewige Kanzlerin, die kein Ende finden wollte oder konnte. Als die Frau, die an ihrem eigenen Anspruch zu scheitern drohte, selbstbestimmt das Ende ihrer politischen Karriere zu bestimmen und darüber hinaus nicht „als Wrack“ aus dem Amt getragen werden zu wollen. Nach 20 Jahren im Amt als CDU-Chefin, in der sie ihre Partei verändert hat wie sonst kaum eine Parteivorsitzende, schien sie die Christdemokraten ins Ungewisse entlassen zu wollen, ohne Anspruch, ohne Plan.
Merkel hat ihre Kronprinzessin gefunden
Jetzt ist die Nachfolge geregelt, zumindest liegt klar auf dem Tisch, wen Merkel präferiert. Es gibt eine Kronprinzessin, die in die CDU-Zentrale einzieht und dort das Amt der Generalsekretärin übernehmen wird. Viele Namen sind für den Job gehandelt worden, Merkel hat sich für die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer entschieden. Dadurch wird aus einer eigentlich untergeordneten Personalie eine der zentralen für die Aufstellung der CDU in den kommenden Jahren. Auch der Kurs, den die Chefin ihrer Partei auch für die Zeit nach ihrem Abgang verordnen will, steht fest: Schön in der Mitte bleiben, nicht rechts abbiegen.
Die Berufung ist ein klares Signal: Hier kommt nicht einfach der Nächste, hier kommt die neue heimliche Parteichefin. Kramp-Karrenbauer gibt für den neuen Posten ihr Regierungsamt im Saarland auf. Dort regiert sie zwar gerade mal eine Million Einwohner, eine kleinere Großstadt also, aber sie hat eben Ministerpräsidentenrang.
Nach bisherigem Verständnis der Parteiorganisation ist ihr Schritt nach Berlin ein Abstieg. Der Generalsekretär, das ist oder war vor allem der Statthalter der Parteichefs, als Wadlbeißer vom Dienst. Es war der, der an Landtagswahlabenden in Fernsehrunden diskutieren und ansonsten die Wahlkämpfe organisiert. Eine Bewährungsprobe für Jüngere, ein Durchgangsposten, bei dem bei einer Regierungspartei Höheres folgte: Generalsekretäre wurden Minister oder Fraktionschefs. Das andere Modell geriet in Vergessenheit: Angela Merkel war erst Ministerin, dann Generalsekretärin. Sie stieg von dort auf zur Parteichefin und dann zur Kanzlerin. Das Bewusstsein für Symbolik ist der Kanzlerin durchaus zuzutrauen.
Mehr Macht jetzt, später der offizielle Titel
Und so dürfte sich auch das Amt des Generalsekretärs ändern: Es ist anzunehmen, dass sich Kramp-Karrenbauer für den neuen Job größere Unabhängigkeit ausbedungen hat. Und dass Merkel ihr dies auch zugesteht: Denn der Übergang lässt sich gut organisieren, wenn in der Parteizentrale schon eine neue Parteichefin übernommen hat, auch wenn sie den dazugehörigen Titel womöglich erst später bekommt.
Merkel hat gesagt, sie werde den Parteivorsitz nicht abgeben, so lange sie Bundeskanzlerin sei, weil beide Ämter ihrer Meinung nach zusammengehörten. Mit der nun gefundenen Konstellation kann sie dabei bleiben, ohne zu fürchten, dass die Nachfolge im Komplett-Chaos endet. Jens Spahn, die Zukunftshoffnung des rechten Parteiflügels, hat das Nachsehen. Als Minister hat er zwar künftig den größeren Hofstaat, aber vor allem eine Fachzuständigkeit – nicht die für die Zukunft der CDU.
Die soll nun die Frau übernehmen, die sich seit einer Weile als erste Wahl Merkels angedeutet hat. Pragmatisch, mit Regierungserfahrung, Lust zum Risiko und mit einer Erfolgsbilanz, das ist mehr als nur ein extrovertiertes Modell Merkel in der Ausführung extrovertiert. Zwei Wahlen hat Kramp-Karrenbauer gewonnen, eine davon, nachdem sie überraschend eine Jamaika-Koalition beendet hatte. Im vergangenen Jahr setzte sie mit ihrem Wahlsieg den Startschuss für die Siegesserie der Union, der über die weiteren Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bis zur Bundestagswahl führte.
Der Triumph der CDU bei der Saarlandwahl war der erste Dämpfer für die damals noch im Schulz-Hype gefangene SPD. Es war gleichzeitig ein Dämpfer für alle jene in der CDU, die zuvor neidisch auf den neuen Schwung der Sozialdemokraten geblickt hatten und schon die Messer gegen Merkel wetzten.
Gerüstet für ein mögliches GroKo-Nein?
In der CDU kommt auf die Neue nun einiges zu: Die Konkurrenz der AfD am rechten Rand zehrt an der Partei. Der bisherige Generalsekretär Peter Tauber ist dem mit einiger – auch verbaler – Brutalität begegnet, Merkel mit dem ihr üblichen Gleichmut. Die neue Generalsekretärin muss versuchen, da einen neuen Ton zu setzen und die CDU als glaubwürdiges Gegenmodell zu installieren. Sie muss dabei versuchen, auch die ewig Enttäuschten aus dem Wirtschaftsflügel mitzunehmen.
Wenn das gelingt und der Machtkampf vermieden wird, ist die CDU nun auch bereit für den Fall, dass die SPD-Mitglieder Anfang März eine neue große Koalition doch noch ablehnen: Merkel könnte sich zurückziehen, Kramp-Karrenbauer – dann gerade mit einem frischen Parteitagsvotum legitimiert - übernehmen. Die CDU hat ihre neue Kanzlerkandidatin für alle Fälle – wenn nicht andere in der Partei noch dazwischenschnipsen.