Koalition in Hamburg Koalition in Hamburg: Schill-Partei stürzt auf sechs Prozent ab

Hamburg/dpa. - Der designierte Innensenator Dirk Nockemann (Schill-Partei) setztauf Kontinuität in der Hamburger Innenpolitik. In einem dpa-Gesprächsagte er, er wolle die Politik seines Vorgängers fortsetzen, aber aufpopulistische Aktionen verzichten. Gleichzeitig forderte er schärfereGesetze zur Terrorbekämpfung. «Für die Bundesrepublik Deutschland istdie Gefahr eines Anschlags derzeit zwar nicht so akut.» Es müsstenaber alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um imVorfeld Informationen über Anschlagspläne zu bekommen.
Schill war am Dienstag nach einem heftigen Streit vonBürgermeister Ole von Beust (CDU) entlassen worden. Schill habe ihmmit Enthüllungen gedroht, sagte Beust. Der Senator habe gesagt, erwerde eine angebliche homosexuelle Beziehung des CDU-Regierungschefsmit Justizsenator Roger Kusch (CDU) publik machen, falls er denumstrittenen Innenstaatsrat Walter Wellinghausen entlasse. Beustversetzte den Staatsrat in den vorläufigen Ruhestand.
Bundespräsident Johannes Rau rief dazu auf, die Privatsphäre vonPolitikern zu respektieren. «Ein Tabu sollten wir - wie die Vorgängein Hamburg uns mahnen - besonders einhalten: Das Schlafzimmer gehtkeinen etwas an», sagte Rau der «Frankfurter AllgemeinenSonntagszeitung». Dieser Respekt müsse auch gelten, «wenn einPolitiker eine andere Lebensweise hat als die, die man selber hat».
85 Prozent der Hamburger halten Beusts Entscheidung, Schill zuentlassen, der Umfrage zufolge für richtig. Dementsprechend stieg dieCDU auch in der Gunst der Wähler. 38 Prozent würden diesmal die Unionwählen, fast 12 Prozentpunkte mehr als bei der Bürgerschaftswahl vorknapp zwei Jahren. Damals kam die CDU in Hamburg auf 26,2 Prozent.
Beust erklärte unterdessen, er wolle mit seinem früherenStellvertreter Schill nichts mehr zu tun haben. Er «lehne jedesweitere Zusammenwirken mit ihm ab», sagte der Erste Bürgermeister dem«Hamburger Abendblatt». Sollte er Schill künftig in der Bürgerschaftbegegnen, «bietet sich der Blick ins Leere» an, sagte Beust.
Hamburgs SPD-Landeschef Olaf Scholz forderte, dem ehemaligenInnensenator die Abfindung zu streichen. «Schill hat Hamburg in derganzen Bundesrepublik blamiert», sagte Scholz der Zeitung «Die Welt».Es wäre «ein Skandal, wenn Schill für seinen unsäglichen Auftritt imRathaus noch üppiges staatliches Honorar bekommen würde», meinteScholz, der auch Generalsekretär der Bundes-SPD ist. Schill soll rund175 000 Euro an Gehalt und Übergangszahlungen erhalten.
Auf die Liberalen, neben CDU und Schill-Partei dritteRegierungskraft in Hamburg, hat der Skandal um Schill der Umfragezufolge keine Auswirkung. Die FDP bleibt bei fünf Prozent. Dieoppositionellen Sozialdemokraten verlieren im Vergleich zum September2001 dagegen 1,5 Punkte und erreichen 35 Prozent. Die Grünen könnenvon 8,6 Prozent auf jetzt 13 Prozent deutlich zulegen.
