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Kirche Kirche: Trauer um Paderborner Kardinal Degenhardt

25.07.2002, 12:49
Kardinal Johannes Joachim Degenhardt
Kardinal Johannes Joachim Degenhardt dpa

Paderborn/dpa. -    Vertreter von Politik und Kirche reagierten mit Betroffenheit aufDegenhardts Ableben. Papst Johannes Paul II. schickte einKondolenztelegramm. Degenhardts bewegter Lebensweg sei «vom mutigenBekenntnis zur Wahrheit Gottes» geprägt gewesen, heißt es darin.«Daher wollte ich mit seiner Ernennung zum Kardinal das treue Zeugnisdes Paderborner Oberhirten für die ganze Weltkirche sichtbar machen»,schrieb der Papst. Unter die Würdigungen mischte sich aber auchKritik: «Die lange Amtszeit von über 28 Jahren hat allerdings zueinem Stillstand in der Kirche von Paderborn und zu einem nicht mehrzu übersehenden Reformstau geführt», heißt es in einer Mitteilung derLaienorganisation «Wir sind Kirche».

Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner und der Vorsitzende derDeutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann aus Mainz brachtenwie viele Bischöfe aus ganz Deutschland ihre Betroffenheit über denplötzlichen Tod ihres Amtsbruders zum Ausdruck. «In einer Zeit, inder Kirche und Gesellschaft großen Herausforderungen gegenüberstehen,in der ethische Werte in Frage gestellt und viele den Verführungendes jeweiligen Zeitgeistes ausgesetzt sind, war Kardinal JohannesJoachim stets ein überzeugender Arbeiter im Weinberg des Herrn»,sagte Lehmann im kanadischen Toronto.

«Ich werde Kardinal Degenhardt als streitbaren Theologen undKirchenführer, als verantwortungsvollen Seelsorger und Diener seinerKirche im Gedächtnis behalten», schrieb Bundespräsident Johannes Rauin einem Brief an den Paderborner Generalvikar Bruno Kresing. DerKardinal soll am 3. August in der Krypta des Paderborner Domsbeigesetzt werden. Die Amtsgeschäfte wird bis zur Wahl einesDiözesan-Administrators in spätestens acht Tagen Weihbischof Hans-Josef Becker führen. Am Donnerstag verbreiteten die Glocken desPaderborner Doms ab 7.00 Uhr mit 15-minütigem Läuten die Nachrichtvom Tod des Oberhirten.

Degenhardt wurde 1926 im westfälischen Schwelm geboren undstudierte in Paderborn und München Philosophie und Theologie. ZumBischof wurde er 1968 geweiht und 1974 zum Erzbischof von Paderbornernannt. Im Februar vergangenen Jahres erhob ihn der Papst im Altervon fast 75 Jahren zum Kardinal. Degenhardt galt in der katholischenKirche als besonders papsttreu. So war er auch über Jahre hinwegeiner der vehementen Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen und gingbei diesem Thema zum Teil auf Konfrontationskurs zu seinen Kollegenin der Deutschen Bischofskonferenz. Er galt aber auch alsBrückenbauer, der stets den Dialog mit der protestantischen Kirchesuchte.

   Wie ein Schatten über der 28 Jahre langen Amtszeit Degenhardts alsLeiter eines der größten deutschen Erzbistümer lag dieAuseinandersetzung mit dem Theologen und Kirchenkritiker EugenDrewermann, die im Jahr 1992 ihren Höhepunkt erreichte. Degenhardtentzog seinem Intimfeind wegen dessen Kritik an der römischenAmtskirche zunächst die Lehrerlaubnis und erteilte ihm anschließendauch Predigtverbot.