Kinderhilfswerk Kinderhilfswerk: Tausende Spender kündigen UNICEF den Dauerauftrag

Berlin/dpa. - Der Vorstandräumte am Mittwoch in Berlin eine Krise und Versäumnisse in derKommunikation ein, wies aber Untreuevorwürfe undRücktrittsforderungen zurück. Schwere Vorwürfe machten dieVerantwortlichen der zurückgetretenen Vorsitzenden Heide Simonis.Simonis setzte sich dagegen zur Wehr und forderte wie mehrere UNICEF-Ortsgruppen und -Unterstützer tiefgreifende Reformen. DieKinderhilfsorganisation büßte inzwischen 10 000 Fördermitglieder ein.
«Zweifellos befindet sich das Deutsche Komitee von UNICEF in einerKrise», sagte der neue Vorsitzende Reinhard Schlagintweit, der dasAmt bereits früher innegehabt hatte. Der Imageschaden sei entstanden,weil die Praxis hoch professioneller Spendenwerbung nicht ausreichendoffengelegt worden sei. Nun solle die Transparenz erhöht werden.UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen versicherte: «Hier sindkeine Spenden veruntreut worden.» Zu dem Vorwurf zu hoher Provisionenan externe Berater sagte UNICEF-Geschäftsführer Dietrich Garlichs:«Es ist alles ordnungsgemäß abgewickelt worden.» Schaden sei nichtentstanden. Provisionsverträge seien die absolute Ausnahme. Er habeseit längerem keine solchen Verträge mehr geschlossen.
Schlagintweit sprach von einem «Problem» Simonis. Sie habe sich inschwieriger Lage nicht hinter das Deutsche Komitee gestellt. Diefrühere Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, die am Samstagbei UNICEF zurückgetreten war, wehrte sich dagegen. Schuld an derGlaubwürdigkeitskrise sei nicht sie, sagte Simonis der «FrankfurterRundschau» (Donnerstag). «Jetzt sollte sich jedes Vorstandsmitgliedfragen, ob es auch persönliche Konsequenzen zieht.» ÜberGeschäftsführer Garlichs sagte sie, er sei zwar «sehr engagiert»,aber seine Arbeit sei «vielleicht doch von Sorglosigkeit,Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei gekennzeichnet».
Garlichs sagte: «Die Reform ist durch die Krise beschleunigtworden.» Ein Sechs-Punkte-Programm sieht unter anderem transparentereGeschäftsberichte und regelmäßige Überprüfungen der Geschäftsleitungdurch externe Fachleute vor. Verträge sollten nach Möglichkeitausgeschrieben werden, persönliche Geschenke müssten angezeigt oderabgelehnt werden. «Wir müssen auch wieder deutlich machen, für welcheSachthemen wir stehen.» Garlichs räumte ein, er habe über Rücktrittnachgedacht, aber sich dagegen entschieden, weil so die Vorwürfe alsberechtigt erschienen wären. Eine Gefahr, das Spendensiegel zuverlieren, sehe er nicht.
UNICEF habe mittlerweile 10 000 Fördermitglieder verloren, sagteSprecherin Helga Kuhn der «Rheinischen Post» (Donnerstag). FünfProzent der Dauerspender seien abgesprungen. Zuletzt hatte UNICEF200 000 regelmäßige Geldgeber.
Lückenlose Aufklärung verlangten die SPD-EntwicklungspolitikerSascha Raabe und Christel Riemann-Hanewinckel. Die FDP forderteJustizministerin Brigitte Zypries (SPD) zu Vorschlägen zurRechnungslegung im Gemeinnützigkeitsbereich auf. Die Linke-Fraktionsvize Monika Knoche forderte Reformen bei Komitee, Vorstandund Geschäftsführung durch eine UNICEF-Mitgliederversammlung.
Die Sprecherin der ehrenamtlichen Arbeitsgruppen, Carmen Creutz,sprach von einem «Alptraum für alle ehrenamtlichen Mitarbeiter». DieLeiterin der bundesweit größten UNICEF-Ortsgruppe in Hamburg,Dorothee von Unruh, forderte sofort personelle Konsequenzen.Dressurreiterin und UNICEF-Repräsentantin Ann Kathrin Linsenhoffforderte personelle Veränderungen, wo sie nötig seien.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) befürchtet einenSchaden für die UNICEF-Aktionen in Sachsen. Die Stadt ist diesjährigePartnerstadt des Hilfswerks. Das Kinderhilfswerks terre des hommesklagte, die Vorwürfe gegen UNICEF schürten Misstrauen auch gegenandere Hilfsorganisationen.
