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Kinderehen Kinderehen: Gesetzesentwurf den Justizminister Heiko Maas als "veraltet" bezeichnete sorgt für Diskussionen

Von Melanie Reinsch 01.11.2016, 16:00
Eine junge Schaupielerin spielt eine 10-Jährige, die mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet wird. Das Foto entstand im Rahmen einer "Amnesty International"-Aktion gegen Kinderehen.
Eine junge Schaupielerin spielt eine 10-Jährige, die mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet wird. Das Foto entstand im Rahmen einer "Amnesty International"-Aktion gegen Kinderehen. AFP

Berlin - Sollen Ehen unter 18 Jahren per Gesetz in Deutschland komplett verboten werden? Oder soll es Ausnahmen geben? Ein Gesetzesentwurf, den  Justizminister Heiko Maas (SPD) am Wochenende als „veraltet“ bezeichnete,  sorgt parteiübergreifend für Diskussionen. Die Grünen stärken Maas den Rücken, die Union fordert ein Komplettverbot.

Kein grundsätzliches Verbot

Nach dem  Entwurf will Maas, dass Gerichte  Kinderehen künftig schneller aufheben dürfen – wenn das Kindswohl gefährdet ist. Bisher ging es ausschließlich darum, ob die Ehe durch Zwang zu Stande gekommen ist. Ehen, die zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurden, sollten nur noch in absoluten Ausnahmefällen genehmigt werden können, wenn das unter besonderer Berücksichtigung eines konkreten Einzelfalls geboten sei, erklärte der Justizminister. Das ist eine Verschärfung der aktuellen Gesetzeslage.  Ein grundsätzliches Verbot jeder Ehe mit einem Partner unter 18 Jahre ist bisher in diesem Entwurf nicht vorgesehen. 

„Die Eheschließung von Minderjährigen muss in Deutschland verboten werden. Dies muss auch für rein kirchliche Eheschließungen gelten. Nur so verhindern wir auch sogenannte Imam- und Roma-Ehen, die nach traditionellen Riten mitten in Deutschland geschlossen werden, ohne dass eine standesamtliche Trauung folgt“, sagte Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen Union.  Kinderehen, die im Ausland geschlossen würden, dürften bei uns keinen Bestand haben. Eine Eheaufhebung für unter 14-jährige Mädchen reiche nicht aus. Auch 15- bis 17-jährige Mädchen hätten  ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Entwicklung, erklärte Widmann-Mauz weiter.

Sprecherin der Grünen unterstützt Heiko Maas

Franziska Brantner, familien- und kinderpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, unterstützt Maas mit seinem Vorschlag. „Für uns ist klar: Kinder gehören nicht in die Ehe, sondern in die Schule. Das Kindeswohl muss immer Vorrang haben und auch zur Aufhebung von Ehen führen können. Die Frage ist nur, ob der populistische Ruf von CDU/CSU nach einer quasi-automatischen Annulierung aller Ehen ohne Einzelfallprüfungen wirklich allen Mädchen hilft“, sagte die Grünen-Politikerin dieser Zeitung. Dies könne für viele Mädchen große Probleme mit sich bringen und in einigen Fällen auch die Rückkehr in ihr Heimatland erschweren.  Darauf habe auch das Deutsche Institut für Menschenrechte hingewiesen.

Jugendämter sollen Aufhebung der Ehen beantragen können

Mädchen und junge Frauen, die nach einer langen und schwierigen Flucht bei uns angekommen seien, bräuchten besonderen Schutz, umfassende individuelle Betreuung und Beratung. Sozialarbeiter müssten sich ausreichend Zeit nehmen können, um den Mädchen zuzuhören und sensibel mit ihrem jeweiligen Schicksal umzugehen.‎ Die Jugendämter müssten dann auch die Aufhebung der Ehen beantragen können. „Wenn es wirklich um das Wohlergehen der Mädchen gehen soll, müssen wir uns dieser Komplexität und Verantwortung stellen“, betonte Brantner.

Von Storch meldet sich auf Twitter zu Wort

Beatrix von Storch, stellvertretende Bundesvorsitzende der  Alternative für Deutschland (AfD) und Mitglied des EU-Parlaments, äußerte sich bei Twitter und Facebook: „Minister Maas erkennt augenscheinlich Scharia an“, erklärte sie. „Und wann wollen Sie die Steinigung von Homosexuellen, Ehebrechern und Konvertiten anerkennen, Herr Maas?“, fragte von Storch. 

Ende des Jahres soll ein endgültiger Gesetzesentwurf aus dem Justizministerium vorliegen.