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Jubiläum Jubiläum: Altbundespräsident Johannes Rau wird 75 Jahre alt

Von Norbert Klaschka 13.01.2006, 14:05
Lachend schwenkt Bundespräsident Johannes Rau vor der Kulisse des Opernhauses der australischen Hafenstadt Sydney ein Fähnchen in den deutschen Farben. Kinder der Deutschen Schule in Sydney hatten den Bundespräsidenten dort begrüßt (Archivfoto vom 05.05.2001). (Foto: dpa)
Lachend schwenkt Bundespräsident Johannes Rau vor der Kulisse des Opernhauses der australischen Hafenstadt Sydney ein Fähnchen in den deutschen Farben. Kinder der Deutschen Schule in Sydney hatten den Bundespräsidenten dort begrüßt (Archivfoto vom 05.05.2001). (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - Am 16. Januar feiert der Altbundespräsident in Berlinseinen 75. Geburtstag. Sein Nachfolger Horst Köhler richtet im geradefrisch renovierten Schloss Bellevue einen Geburtstagsempfang mitvielen politischen Weggefährten Raus aus.

Sein Gesundheitszustand wechsle im Augenblick doch sehr stark,bekennt Rau in einem seiner seltenen Interviews. «Nach der Abgabe desAmtes bin ich krank geworden. Und ich habe jetzt gelernt, dass derbiblische Begriff "Herz und Nieren" doch mehr sagt, als in denGesundheitsseiten der Magazine steht. Da habe ich eine Wegstreckehinter mir und auch vor mir, die ist nicht leicht. Aber sie ist zubewältigen», sagt Rau dem Sender Radio Wuppertal. Seiner Heimatstadtbleibt Rau verbunden, auch wenn er das Haus dort verkauft und nun mitseiner Frau Christina und Tochter Laura - die beiden anderen Kindersind aus dem Haus - in Berlin lebt.

Als Rau am 1. Juli 2004 nach einer Amtszeit - eine zweite strebteer nicht an - ausscheidet, hat der Vollblutpolitiker noch viele Pläne.An Terminen wäre kein Mangel. Hätte er alle Einladungen wahrgenommen,er wäre für mindestens ein Jahr schon ausgebucht gewesen. Doch zweischwere Operationen noch 2004 machen die Planungen hinfällig. DieFolgen der Eingriffe - eine neue Herzklappe und eine weitere Operation- zwingen ihn, erheblich kürzer zu treten. Für einen Menschen wie Rauist dies ein tiefer Einschnitt. Bekennt er doch, der protestantischenEthik verpflichtet, schrecklich gern zu arbeiten.

50 Jahre war Rau in der Politik und gehört inzwischen einer nurnoch kleinen Gruppe von prominenten Gestaltern der deutschenNachkriegsgeschichte an. Am 16. Januar 1931 in Wuppertal als Sohneines Predigers geboren tritt Rau, der das Gymnasium vor dem Abiturverlässt, als 21-Jähriger in die Gesamtdeutsche Volkspartei seinespolitischen Ziehvaters Gustav Heinemann ein. Nach dem Wechsel zur SPDübernimmt Rau in Nordrhein-Westfalen bald Spitzenämter und wird 1978Ministerpräsident.

Im zweiten Anlauf wird Rau 1999 zum Staatsoberhaupt gewählt. Imneuen Amt - anfangs durchaus unterschätzt - wird er zu einempolitischen Präsidenten. Gleich nach seiner Wahl bekennt Rau, derPräsident aller Deutschen und der Ansprechpartner auch für dieMenschen ohne deutschen Pass sein zu wollen. Diese Leitlinie seinerfünfjährigen Amtszeit formuliert er deutlich in seiner ersten«Berliner Rede» über das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern,wo er klare Regeln für die Zuwanderung fordert. Es mag eine Ironie derGeschichte sein, dass Rau dann gut zwei Jahre danach am 22. Juni 2002bei der Unterzeichnung des später aus formalen Gründen vomBundesverfassungsgericht wieder kassierten Zuwanderungsgesetzesöffentlich und durchaus ungewöhnlich den damaligen BrandenburgerMinisterpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) und dessen StellvertreterJörg Schönbohm (CDU) wegen des inszenierten Abstimmungstheaters imBundesrat rügt.

Ein Bundespräsident wirkt durch seine Auftritte. Gleich bei seinerersten wichtigen Auslandsreise setzt Rau im Februar 2000 ein vielbeachtetes Zeichen. Vor der Knesset bittet der in Israel hochgeachtete Rau um Vergebung für die Verbrechen Nazi-Deutschlands. Inden folgenden Jahren äußert sich Rau zu vielen aktuellen Themen. InChina prangert er Menschenrechtsverletzungen an, in Deutschlandbezieht er Stellung in den emotional aufgeheizten Debatten um dieNutzung der Gentechnologie, den Streit um ein Kopftuchverbot fürmuslimische Lehrerinnen und rüffelt die Eliten, die das Land ständigschlecht redeten.

In Erinnerung ist der «Menschenfischer» Rau vielen mitklischeebehafteten Bildern, mit seinem Motto «Versöhnen statt Spalten»und natürlich als der bibelfeste «Bruder Johannes». Diesen Namen habeihm Heinz Kühn - sein Vorgänger als NRW-Regierungschef verpasst - under trage ihn nicht ohne Stolz: «Wenn Leute kommen, die nicht wissen,ob sie Exzellenz oder Herr Bundespräsident oder Herr Rau sagen sollen,dann sage ich, sagen Sie Bruder Johannes, dann ist alles in Ordnung.»