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Italien Italien: Wird Benito Mussolini aus dem Grab geholt?

Von Carola Frentzen 05.09.2006, 12:39
Die Leichen von Benito Mussolini (r), seiner Geliebten Clata Petacci (M) und eines Mitgliedes der italienischen Faschistenpartei hängen kopfüber auf der Piazza Loretto in Mailand (Archivbild). Der ehemalige italienische Diktator war während seiner Flucht vor den Alliierten am 27. April 1945 in der Schweiz von Partisanen gefangengenommen und am 28. April in Giulino di Mezzegra bei Como auf Befehl des Nationalen Befreiungskomitees ohne Gerichtsverfahren hingerichtet worden. Mit ihm zusammen wurden seine Geliebte Clara Petacci und ehemalige führende Mitglieder seiner Regierung erschossen. Die Leichname wurden anschließend nach Mailand gebracht und dort zur Schau gestellt. (Foto: dpa)
Die Leichen von Benito Mussolini (r), seiner Geliebten Clata Petacci (M) und eines Mitgliedes der italienischen Faschistenpartei hängen kopfüber auf der Piazza Loretto in Mailand (Archivbild). Der ehemalige italienische Diktator war während seiner Flucht vor den Alliierten am 27. April 1945 in der Schweiz von Partisanen gefangengenommen und am 28. April in Giulino di Mezzegra bei Como auf Befehl des Nationalen Befreiungskomitees ohne Gerichtsverfahren hingerichtet worden. Mit ihm zusammen wurden seine Geliebte Clara Petacci und ehemalige führende Mitglieder seiner Regierung erschossen. Die Leichname wurden anschließend nach Mailand gebracht und dort zur Schau gestellt. (Foto: dpa) A0009 dpa

Rom/dpa. - Absurde Idee odermakabre Realität? «Wenn Italien nichts macht, dann werde ich mich anden Internationalen Gerichtshof in Den Haag wenden», kündigte der69-Jährige selbstbewusst an. «Lasst meinen Opa in Frieden», ärgertesich hingegen seine Cousine, die Politikerin Alessandra Mussolini.

Die Italiener haben seit jeher ein zwiespältiges Verhältnis zuihrem «Duce». Dabei werden Leben und Tod Benito Mussolinis in seinemHeimatland relativ unkritisch wahrgenommen, immer mal wieder tauchenWeinflaschen mit seinem Antlitz auf, Zeitungsstände verkaufenMussolini-Kalender - und kaum einer stört sich dran. Auch dassAlessandra Mussolini mit ihrem Namen seit Jahren neofaschistischePolitik betreibt, ist kein Stein des Anstoßes.

Gleichzeitig finden es die meisten im Land nach wie vorgerechtfertigt, dass die Leichen des Diktators und seiner GeliebtenClara Petacci auf der Piazza Loreto in Mailand kopfüber aufgehängtworden waren. «Jeder stirbt, wie es seinem Charakter entspricht»,hatte Mussolini auf dem Höhepunkt seiner Macht einmal selbst gesagt.

Die Forderung des Enkels macht derweil Schlagzeilen von Mailandbis Messina. Sein Vater ist der älteste Sohn des faschistischenMachthabers, Vittorio Mussolini (1916-1997). «Ich fordereMinisterpräsident Romano Prodi auf, mir im Namen des italienischenStaates zu sagen, wer meinen Großvater getötet hat und wie, wann undwarum er es tat», sagt der Vater von vier Kindern, der in der Nähevon Rom in einer Käsefabrik angestellt ist.

Grund für die ganze Aufregung: Während die Bilder des grausigenSzenarios mit den aufgehängten Leichen um die Welt gingen, sind dieTodesumstände des «Duce» bis heute nicht geklärt. «Die Geschichte hat19 verschiedene Versionen erzählt, jetzt ist es Zeit, die Wahrheitherauszufinden», erklären die Anwälte des Mussolini-Enkels.

Sicher ist wohl, dass sich der Diktator mit einerWehrmachtsuniform getarnt auf einem deutschen Lastwagen versteckte,der ihn über die Schweiz nach Deutschland bringen sollte. Am ComerSee wurde er jedoch von Partisanen erkannt, gefangen genommen undeinen Tag später, am 28. April 1945, ohne Gerichtsverfahren zusammenmit Clara Petacci erschossen. Der Enkel will dem Ende seinesGroßvaters nun auf den Grund gehen: «Ich suche keine Rache, kein Geldoder anderes, ich will einfach nur Vor- und Nachnamen desjenigenwissen, der ihn auf so niederträchtige Weise getötet hat, während eran die Amerikaner hätte ausgeliefert werden sollen.» Mit seinenAnwälten hat er seinen Antrag bereits der Staatsanwaltschaft von Comounterbreitet.

Historiker bezeichneten die Idee unterdessen als «verrückt». «Daswürde ja auch nichts bringen. Es scheint mir unmöglich, dass eineExhumierung nach mehr als einem halben Jahrhundert wichtige Antwortengeben könnte», meint der Journalist und Geschichtsexperte ArrigoPetacco. Auch Alessandra Mussolini pocht beharrlich darauf, dass diesterblichen Überreste ihres Großvaters nicht angerührt werden dürfenund in der Familiengruft in Predappio in der Emilia Romagna bleibenmüssen. «Solange ich am Leben bin, wird mein Opa nicht angefasst.Dagegen werde ich mich mit aller Macht wehren», betonte sie. «MitGeschichte sollen sich Historiker befassen und damit basta.»