Irak Irak: Saddam Hussein stirbt am Galgen
Bagdad/Washington/dpa. - Gutdrei Jahre nach seinem Sturz im US-geführten Irak-Krieg starb Saddamam Samstag im Morgengrauen gegen 06.00 Uhr Ortszeit (0400 MEZ) wegenVerbrechen gegen die Menschlichkeit am Galgen. Reue zeigte der einstals «Schlächter von Bagdad» berüchtigte Machthaber nicht. «Nieder mitden Verrätern, den Amerikanern, den Spionen und den Persern», riefder 69-Jährige laut Zeugen, als ihm nochmals sein Todesurteilvorgelesen wurde.
Die Zahl der im Irakkrieg getöteten US-Soldaten stieg zumJahreswechsel auf mindestens 3000. Die USA würden dennoch im neuenJahr ihre «Offensive gegen die Feinde der Freiheit fortsetzen (...)und weiter auf einen freien und geeinten Irak hinarbeiten», erklärteBush in seiner Neujahrsbotschaft am Sonntag in Crawford (Texas). Aufdie Exekution, die Fernsehsender in aller Welt teilweise zeigten,ging er nicht ein. Bei Anschlägen und Gefechten kamen im Irak binnendrei Tagen wiederum Dutzende Menschen ums Leben.
In Europa stieß die Exekution auf Kritik. Bush sprach dagegen amSamstag von einem «Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischenIrak». Teile der arabischen Welt reagierten mit Wut und Empörung,andere schwiegen. Der Tod Saddams, der das Land mit eiserner Handfast 24 Jahre lang beherrscht hatte, «beendet ein dunkles Kapitel»,sagte Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki. EU-Entwicklungskommissar Louis Michel erklärte dagegen: «Dies ist keingroßer Tag für die Demokratie.» Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte:«Wir respektieren dieses Urteil, aber es ist bekannt, dass dieBundesregierung gegen die Todesstrafe ist.»
Am Tag der Hinrichtung zogen landesweit tausende Iraker, vor allemKurden und Schiiten, jubelnd durch die Straßen. In SaddamsHeimatprovinz Salaheddin protestierten zum Jahreswechsel dagegenseine Anhänger gegen die Vollstreckung des Todesurteils. In derProvinzhauptstadt Tikrit trieben Sicherheitskräfte am Sonntaghunderte Demonstranten mit Schüssen in die Luft auseinander. In Ammanpries Saddams Tochter Raghad ihren Vater am Montag unter dem Beifallund Schluchzen von rund 1000 aufgebrachten Jordaniern als «Märtyrer».
Sechs Stunden nach dem Tod Saddams durch den Strang strahltenFernsehsender weltweit erste stumme Videobilder aus. Sie zeigen, wiesich Saddam mit auf dem Rücken gefesselten Händen widerstandlos zumGalgen führen lässt. Zwei Scharfrichter mit Henkersmützen legen ihmden Strick um den Hals und ziehen die Schlinge zu. Der Ex-Diktator imschwarzen Mantel über dem weißen Hemd wirkt gefasst. Die Hinrichtungin einem Gebäude des ehemaligen Gemeindienstes in Bagdad, in demSaddam-Gegner gefoltert und umgebracht worden waren, wurde imFernsehen nicht gezeigt.
Der Sicherheitsberater der irakischen Regierung, Muwaffak al-Rubai, einer der 14 Zeugen der Hinrichtung, sagte, Saddam habe keineReue gezeigt. Er habe wie ein «gebrochener Mann» gewirkt. Saddam habees abgelehnt, sich eine Kapuze überziehen zu lassen. Später tauchteim Fernsehen auch ein offenbar mit der Kamera eines Mobil-Telefonsaufgenommenes Video auf. Darauf ist zu hören, wie Saddam am Galgendas islamische Glaubensbekenntnis spricht. Beim Klicken der Falltürbricht das Bild ab. Zuvor hatten einige Wächter Hochrufe auf einender größten Gegner Saddams skandiert. Einer rief, Saddam werde in dieHölle fahren. Der Ex-Diktator antwortete: «Der Irak ist nichts ohneSaddam.»
Rund 24 Stunden später wurde Saddam im Dorf Audscha nahe Tikrit,in dem er als Kind armer Bauern zur Welt gekommen war, beigesetzt.Die 100 Trauergäste betteten ihn im Familiengrab zur letzten Ruhe.Dort liegen auch seine Söhne Kusai und Udai, die im Juni 2003 von US-Soldaten erschossen worden waren. Im Haus von Saddams Stammesführernahmen Angehörige des Clans Abschied von dem früheren Präsidenten.Der Sarg Saddams war noch in der Nacht mit einem US-Flugzeug vonBagdad zu einem Luftwaffenstützpunkt bei Tikrit, rund 175 Kilometernördlich der irakischen Hauptstadt, geflogen worden.
Saddam war am 5. November zusammen mit seinem Halbbruder Barsanal-Tikriti und dem Ex-Richter Awad al-Bandar wegen des Massakers an148 Schiiten in dem Ort Dudschail im Juli 1982 zum Tode verurteiltworden. Die Hinrichtung der beiden Mitangeklagten wurde verschoben.
