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Irak Irak: Saddam Hussein ist gefasst

14.12.2003, 13:36

Bagdad/Kairo/dpa. - «Meine Damen und Herren, wir haben ihn!», gab triumphierend deroberste US-Verwalter im Irak, Paul Bremer, am Sonntag in Bagdadbekannt. «Saddam wurde ohne Widerstand zu leisten festgenommen»,berichtete der Oberbefehlshaber der US-Bodentruppen im Irak, GeneralRicardo Sanchez. «Es fiel kein einziger Schuss.» Er ließ einenVideofilm zeigen, in dem der einst mächtigste Mann im Irak mit langemschwarzgrauen Bart und wirrem Haar zu sehen war. Ein Arzt untersuchtedie Mundhöhle des 66-Jährigen mit Taschenlampe und Spatel. Derfrühere Machthaber, der nach dem Einmarsch der US-Armee in Bagdad imApril untergetaucht war, wirkte erschöpft und niedergeschlagen.

Sanchez erklärte, er glaube nicht, dass die Festnahme Saddams einEnde der Angriffe auf US-Soldaten und Iraker, die mit ihnenzusammenarbeiten, bedeute. Zur Festnahme selbst sagte er: «VergangeneNacht ungefähr um 20.00 Uhr Ortszeit haben Truppen der 4.Infanteriedivision ... zusammen mit Spezialeinheiten der Koalitiondie Operation "Morgenröte" unternommen, um den früheren DiktatorSaddam Hussein zu ergreifen ... tot oder lebendig.» Sanchez sagteweiter: «Durch ein Zusammenspiel von Hinweisen aus der Bevölkerung,Geheimdienstauswertungen und Verhören von Festgenommenen sind wir denAktivitäten Saddams immer dichter auf die Spur gekommen.»

Saddam habe sich in Ad Dawr, 15 Kilometer südlich von Tikrit, ineinem Erdloch versteckt. Es sei 1,83 bis 2,45 Meter tief «und sogeräumig, dass sich eine Person dort hinlegen kann». In dem Versteckseien zwei Kalaschnikow-Maschinenpistolen und 750 000 Dollar gefundenworden. Saddam, der bei der Festnahme «gesprächig und kooperativ»gewesen sei, befinde sich nun an einem geheimen Ort in US-Gewahrsam,sagte Sanchez. Mit ihm seien zwei weitere Iraker festgenommen worden.

In vielen Städten des Iraks kamen die Menschen zu Jubelfeiernzusammen, nachdem sich die Nachricht von der Festnahme Saddamsverbreitet hatte. Einige feuerten Freudenschüsse in die Luft. DieKommunisten, die unter dem Regime des Ex-Präsidenten brutal verfolgtworden waren, schwenkten in Bagdad Fahnen und verteilten Bonbons.

Bush sagte in einer kurzen Ansprache an die Nation, Saddam werdenun mit der Gerechtigkeit konfrontiert, die er Millionen Menschenverweigert habe. Für die Anhänger des alten Baath-Regimes, diehauptsächlich für die anhaltende Gewalt im Irak verantwortlich seien,werde es keine Rückkehr zur «korrupten Macht» geben. Für die großeMehrheit der Iraker, die in Freiheit leben wollten, bringe dieGefangennahme weitere Gewissheit, dass die Folterkammern für immerverbannt seien. «Alle Iraker können nun zusammenkommen, der Gewalteine Absage erteilen und einen neuen Irak aufbauen», fuhr Bush fort.

Bundeskanzler Gerhard Schröder beglückwünschte Bush zur FestnahmeSaddams. Dieser habe «unsägliches Leid» über sein Volk und die Regiongebracht. Der britische Premierminister Tony Blair sagte: «Dies isteine Zeit zum Feiern.» Saddam solle sich vor einem irakischen Gerichtverantworten. Frankreichs Präsident Jacques Chirac und der EU-Chefdiplomat Javier Solana erklärten, dass die Festnahme «erheblichzur Demokratisierung und Stabilisierung des Iraks beitragen dürfte».Spaniens Ministerpräsident José María Aznar meinte: «Der Tyrann, derdie Vereinten Nationen herausgefordert hatte, ist gefallen.» UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte, die Festnahme Saddams könnte denBemühungen um Frieden und Stabilität im Irak neuen Auftrieb geben.

Der US-Verwalter im Irak, Paul Bremer, sprach von einem «großenTag in der irakischen Geschichte». Er forderte die Aufständischenauf, nun ihren Widerstand aufzugeben. Über eine Anklage gegen Saddamwerde «in Zukunft» entschieden. Die Todesstrafe wurde von der US-Verwaltung im Irak außer Kraft gesetzt, könnte von einer irakischenÜbergangsregierung aber wieder eingeführt werden.

Saddam Hussein wurde am 28. April 1937 im Dorf El Ouja bei Tikritals Kind einer Kleinbauernfamilie geboren. Er kam am 16. Juli 1979 andie Macht und wurde weltweit durch seine brutale Herrschaftberüchtigt. Er führte Krieg gegen Iran und Kuwait. Er wurde im Aprildieses Jahres durch eine Invasion von amerikanischen und britischenTruppen gestürzt. Die Alliierten hatten eine Invasion schlossen, weiler in ihren Augen mit dem Besitz von (bislang nicht gefundene)Massenvernichtungswaffen eine Gefahr für die Welt darstellte.

Am Sonntagmorgen kamen bei einem Autobombenanschlag auf einePolizeiwache in der westirakischen Stadt El Chalidija mindestens 19Iraker ums Leben. Rund 30 weitere Menschen wurden verletzt. Diemeisten Opfer des Anschlags waren Polizisten, aber auch zwei Kinder,wie der arabische Fernsehsender El Dschasira unter Berufung aufKrankenhausärzte in der Nachbarstadt Ramadi berichtete.

Am Abend explodierte laut El Dschasira ein mit großen MengenBenzin beladenes Fahrzeug vor dem «Palestine»-Hotel in Bagdad. DerSender sprach von drei Explosionen an verschiedenen Orten in Bagdad.

Saddam ist gefasst. (Grafik: dpa)
Saddam ist gefasst. (Grafik: dpa)
dpa