Irak Irak: Saddam erklärt sich für unschuldig

Bagdad/dpa. - Zweieinhalb Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins hat der mit Spannung erwartete Prozess gegen den irakischen Ex-Diktator mit der Anklageverlesung begonnen. Der 68-Jährige machtedabei am Mittwoch von Anbeginn an deutlich, dass er die Autorität des Gerichts nicht anerkennt und erklärte sich ebenso wie seine sieben Mitangeklagten für nicht schuldig. Nach etwa dreistündiger Verhandlungsdauer wurde der Prozess auf Ende November vertagt. Im ersten Teil des Verfahrens geht es um ein Massaker in der Stadt Dedscheel mit über 140 Toten.
Bereits in den ersten Minuten machte Saddam seine Haltung demGericht gegenüber deutlich. Er weigerte sich auf die Frage nachseiner Identität, den Namen zu nennen. Als der Richter nach einem längeren Wortwechsel schließlich seinen Namen vorlas und sagte, Saddam sei der frühere Präsident, unterbrach ihn der Angeklagte und erklärte: «Ich bin der Präsident des Irak.» «Was auf Unrecht gegründet ist, bleibt Unrecht», sagte er in Anspielung auf die US-Invasion im März 2003, die zu seinem Sturz und der Bildung einer neuen Regierung führte. Richter Risgar Mohammed Amin erklärte ihm lächelnd, dass er noch später Gelegenheit haben werde, sich zu äußern, und wies ihn an, sich zu setzen.
Nach der Anklageverlesung erklärte Saddam, er sei nicht schuldig.Er habe auch alles gesagt, was zu sagen sei. Die anderen Angeklagtenerklärten ebenfalls, sie seien unschuldig. Die meisten Angeklagtentrugen traditionelle arabische Gewänder; Saddam erschien im grauenAnzug und weißem Hemd.
Awad Hamad al-Bandar, der einst als Vorsitzender Richter desRevolutionsgerichts zahlreiche Menschen zum Tode verurteilt hatte,beschwerte sich im Gerichtssaal darüber, dass man den Angeklagtenihre arabischen Kopfbedeckungen weggenommen hatte. «Man hat unsunsere Identität weggenommen», rief er in den Saal. Darauf wurdenihnen die Kopfbedeckungen gebracht. Saddam und seine Mitangeklagtensaßen in etwa hüfthohen, nach oben hin offenen Gitterkäfigen.
Geleitet wurde der Prozess von dem kurdischen Richter RisgarMohammed Amin. Ihm stehen vier weitere Richter zur Seite. Die Namender Richter waren bis zum Prozessbeginn geheim gehalten worden, umihr Leben nicht zu gefährden. Nach dreistündiger Verhandlung erklärteder Richter, der Prozess werde auf den 28. November vertagt. SaddamsVerteidiger Chalil al-Dulaimi hatte vor Prozessbeginn erklärt, erwolle eine Verschiebung um drei Monate beantragen. Grund dafür sei,dass er die Akten erst vor 25 Tagen und damit viel zu spät erhaltenhabe.
Der Prozess im ehemaligen Hauptquartier von Saddams Baath-Parteiin der stark gesicherten «grünen Zone» Bagdads fand unter extremenSicherheitsmaßnahmen statt. Augenzeugen beobachteten, dass wederFahrzeuge noch Fußgänger die Eingänge zur «grünen Zone» passierendurften. Hubschrauber kreisten über dem Gebiet. NachAugenzeugenberichten schlugen zwei Mörsergranaten ein, richtetenjedoch keinen größeren Schaden an. Beobachter stellten in Bagdad aucheinen deutlich verringerten Straßenverkehr fest. Viele Menschenblieben offenbar aus Furcht vor möglichen Anschlägen wegen desProzessbeginns zu Hause.
Der weltweit beachtete Prozess stößt bei US-Präsident George W.Bush nach Angaben des Weißen Hauses nur auf geringes Interesse. Bushhabe über den Fall in letzter Zeit nicht gesprochen und seinAugenmerk auf eine Reihe anderer Fragen und Prioritäten gerichtet,sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am Dienstag.Nach den Worten McClellans handelt es sich um ein irakischesVerfahren. Die USA hätten das Sondertribunal mit Rechtsexperten undtechnischer Hilfe unterstützt, damit internationale Rechtsstandardseingehalten würden.
