Interview Interview: «München ist der Zeit weit voraus»
MÜNCHEN/MZ. - Die Nachhaltigkeit von Olympischen Sportbauten wird immer wichtiger bei der Vergabe der Spiele. Dies ist das Spezialgebiet der 33-jährigen Architektin Natalie Eßig von der Technischen Universität München/Fraunhofer Institut für Bauphysik. Zu diesem Thema hat sie im vergangenen Jahr an der TU Darmstadt ihre Promotion abgeschlossen. MZ-Redakteur Rüdiger Fritz unterhielt sich mit ihr.
Wie kann München mit seinem Nachhaltigkeits-Konzept für die Winterspiele 2018 punkten?
Eßig: Schon dadurch, dass eine olympische Sommerstadt viele ihrer Sportstätten 46 Jahre später auch für Winterspiele verwenden könnte. Das ist der beste Fall von Nachnutzung. Bei den Umweltstandards, der Energieeffizienz und der Nachhaltigkeit ist München mit seinen Partnerorten gegenüber den Konkurrenten im Vorteil. Das Konzept ist der Zeit weit voraus. Es spiegelt mit seinen Quasi-Nullenergie-Bauten bereits Standards wider, die in Europa 2018 oder 2020 gelten werden.
Tun sich nicht gerade mit der Nachnutzung der Bauten viele frühere Olympia-Veranstalter schwer?
Eßig: Unbestritten. Das läuft mehr schlecht als recht. Vielleicht 50 Prozent der Sportstätten werden weiter als solche genutzt. In Athen, dem Ausrichter der Sommerspiele 2004, ist es nur eine, die Kanuslalom-Anlage. Um die anderen ist teilweise Stacheldraht gezogen. Der Zutritt ist verboten. Es gibt generell ein großes Problem: Sommer- und Winterspiele werden umfangreicher - immer größere Stadien, mehr Sportbauten, Sportler und Zuschauer.
Was hat die IOC-Forderung zur Nachhaltigkeit Positives bewirkt?
Eßig: In vielen Ländern sind dadurch Regelwerke für umweltschonendes und energieeffizientes Bauen überhaupt erst entstanden.
Seit wann spielen Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei Olympischen Spielen eine besondere Rolle?
Eßig: Länger als allgemein vermutet. Schon für die Winterspiele 1932 in Lake Placid erließ der Staat New York Gesetze, um einen Nationalpark zu schonen. Die Bobbahn musste damals an anderer Stelle als vorgesehen errichtet werden. Aber erst durch die grünen Spiele 1994 in Lillehammer und 2000 in Sydney sind nachhaltiges Bauen und Schutz der Umwelt ein entscheidender Faktor geworden.