Interview mit FDP-Chef Christian Lindner Interview mit FDP-Chef Christian Lindner: "Keine Waffenlieferung an Kurden"
Herr Lindner, schlafen Sie gut?
Christian Lindner: Ich schlafe ausgezeichnet. Wieso?
Ihre Partei hat drei Landtagswahlen vor sich, bei denen die Prognosen besser sein könnten.
Lindner: Wir haben in Sachsen eine gute Chance. Bei der Kommunalwahl lagen wir dort über fünf Prozent. Ich weiß aber auch: Bei diesen drei Wahlen wird nicht über das Schicksal der FDP abgestimmt. Es geht um die Zukunft dieser drei Länder.
Von einer Chance in Brandenburg und Thüringen haben Sie nicht gesprochen.
Lindner: Sachsen ist die nächste Wahl. Wenn die FDP schon in Dresden eine Trendwende erkämpft, ist die Lage danach eine andere.
Es ist schon seltsam, dass ein Parteichef wohlwollend auf einen Landesverband schaut, der mit der Politik der Bundespartei und ihrem Vorsitzenden nichts zu tun haben will.
Lindner: Nein, die Sachsen-FDP betont ihre Eigenständigkeit. Denn Sachsen ist nicht Berlin. Dort gibt es eine schwarz-gelbe Regierung, die Schulden abbaut, auf starke Bildung setzt und eine Politik für den Mittelstand betreibt. In Berlin regiert eine große Koalition, die unser Land in eine bräsige Selbstgefälligkeit führt.
„Wir erneuern die FDP”
Dennoch ist es ungewöhnlich, wenn der FDP-Landeschef Holger Zastrow es nicht unpraktisch findet, wenn die FDP nicht mehr im Bundestag ist, weil dann nicht mehr so viele FDP-Politiker in Talkshows seinen Weg konterkarieren.
Lindner: Holger Zastrow grenzt sich vom Bild der FDP ab, die letztes Jahr abgewählt wurde. Das tue ich auch. Wir erneuern die FDP. Wir haben unser klassisches Profil seit der Bundestagswahl bereits geschärft. Wir sagen: Das wirtschafts- und verbraucherfeindliche Erneuerbare-Energien-Gesetz mit den Milliarden-Subventionen muss weg. Wir sind weiter gegen einen Staat, der sich in die Privatsphäre einmischt. Aber etwa bei der Bekämpfung der organisierten Einbruchskriminalität muss der Staat besser werden. Aber statt das BKA dafür zu stärken, stellt Schwarz-Rot 1600 Beamte zur Kontrolle des Mindestlohns ein.
Die FDP distanziert sich auch auf andere Weise von sich selbst. In Brandenburg hat sie den ironischen Slogan: Kein Schwein braucht die FDP.
Lindner: Mein Stil ist das nicht. Die FDP hat ihre Berechtigung, wenn sie sich als Kraft wirtschaftlicher Vernunft und moderner Gesellschaftspolitik aufstellt. Das tun wir.
Mag sein. Aber Ihre Partei ist auch deshalb am Boden, weil sie als immer unsympathischer wahrgenommen wurde.
Lindner: Ich glaube nicht, dass die FDP opportunistisch jeder Mode nachlaufen sollte, um den Applaus des Tages zu bekommen. Wir haben Vertrauen verloren, weil die Menschen, die unsere bürgerlichen Werte teilen, von uns erwarten, dass wir für unsere Position stehen – auch wenn der Wind des Zeitgeistes uns entgegenweht. Wir brauchen keinen politischen Weichmacher, sondern mehr Prinzipienfestigkeit.
Prinzipienfester als Guido Westerwelle – geht das?
Lindner: Es geht nicht um Personen. Wir haben zwischen 2009 und 2013 nicht die in uns gesetzten Erwartungen erfüllt. Aber daraus leite ich nicht ab, dass die FDP ihre traditionellen Werte aufgeben müsste. Manche Häme von der linken Seite motiviert mich im Gegenteil, noch pointierter Wahrheiten auszusprechen. Zum Beispiel, dass man Geld erst ausgeben kann, wenn es verdient ist.
„Ich will wieder gestalten”
Außerparlamentarische Opposition ist geil?
Lindner: Nein. Ich will sie überwinden und wieder gestalten. Aber wir müssen unsere Freiheit nutzen. Das hat uns doch gefehlt: Nicht mehr schauen, welcher Koalitionspartner, welche Lobby, welcher Journalist erwartet was von uns? Sondern sagen, woran wir glauben: An Eigenverantwortung, an das Streben des Einzelnen nach Glück, an positiven Individualismus, an Fortschritt durch Technik und Innovation.
Amen! Würde ein liberaler Außenminister Waffenlieferungen an die Kurden zustimmen?
Lindner: Die Bundesregierung hat es leider zu lange versäumt, eine gemeinsame europäische Position zu entwickeln. Ich halte es für sehr kurzsichtig, zu denken, man könne Waffen in den Irak liefern und der Konflikt dort würde dadurch gelöst. Stattdessen muss der UN-Sicherheitsrat darüber beraten und sollte ein robustes Mandat verabschieden, das eine Schutzzone im Nordirak einrichtet.
Würde die FDP Waffenlieferungen zustimmen oder nicht?
Lindner: Nein, der Lieferung von tödlichen Waffen würde ich nicht zustimmen. Niemand weiß, gegen wen sie sich morgen richten. Am Ende gegen uns selbst. Der Einsatz von Soldaten unter UN-Mandat wäre konsequenter.
Sie wollen die Bundeswehr im Irak?
Lindner: Nein, denn die Rhetorik von Ursula von der Leyen passt nicht zu den Möglichkeiten unserer Armee. Die Verantwortung für den Irak sehe ich auch hauptsächlich bei den USA. Verantwortung hat Deutschland immer übernommen, aber unter dem Dach der Vereinten Nationen.
Das Gespräch führte Thomas Kröter.