In Hamburg erstochene Mutter wurde von Ex-Partner bedroht
Hamburg - Vor den tödlichen Messerstichen auf eine Mutter und ihr Kind in der Hamburger Innenstadt ist die 34-Jährige bereits von dem Vater des Kindes bedroht worden. Das gehe aus den Akten des Amtsgerichts St. Georg hervor, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen.
Der Vater aus dem Niger habe im Januar einen Antrag auf das gemeinsame Sorgerecht für das einjährige Mädchen bei Gericht gestellt. Die Mutter habe dem nicht zustimmen wollen. Sie habe von massiven Drohungen berichtet und den Vater als „übergriffig” beschrieben, sagte Wantzen. Es habe ungewollte Kontakte zwischen den Eltern gegeben, bei denen der 33-Jährige die Mutter verfolgt habe. Auf Gewalttätigkeiten finde sich in den Akten aber kein Hinweis.
Am Donnerstag waren das Kind und die 34 Jahre alte Mutter im S-Bahnhof Jungfernstieg vor zahlreichen Zeugen und in Gegenwart eines anderen Kindes der Frau erstochen worden. Die Polizei nahm den Vater fest. Bei einer Anhörung am Mittwoch, einen Tag vor der Tat, habe die Familienrichterin deutlich gemacht, dass sie vor dem Hintergrund der Konfliktsituation den Antrag auf gemeinsames Sorgerecht ablehnen werde. Sollte sich die Situation bessern, könne anders entschieden werden.
Vor dem Sorgerechtsstreit habe es bereits ein anderes familienrechtliches Verfahren um den Umgang des Vaters mit dem Kind gegeben, sagte Wantzen. Wegen seines aggressiven Auftretens habe das Jugendamt im Dezember einen begleiteten Umgang mit dem Kind angeregt. Das heißt, es sollte immer eine pädagogische Fachkraft dabei sein. Es habe zwei derartige Begegnungen gegeben. Bei einer Anhörung am 14. März habe das Amtsgericht die Regelung in einem Auflagenbeschluss bestätigt. Es legte zudem fest, dass die Eltern keinen persönlichen Kontakt aufnehmen dürfen und dass der Vater an einem Anti-Aggressionstraining teilnimmt.
Im Namen der Hamburger Gerichte äußerte Wantzen seine Betroffenheit über die Tat: „Auch wir sind geschockt über den Tod zweier Menschen. Unser besonderes Mitgefühl gilt den vier Geschwistern des getöteten Kindes.” Der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer, versicherte, dass die Geschwister nun alle nötige Hilfe erhielten. „Das Jugendamt in Hamburg-Mitte wird dies sicherstellen”, erklärte Schweitzer. Zu Einzelheiten wolle er auch zum Schutz der Kinder nichts sagen. Zur Tat selbst bemerkte er: „Die abscheuliche Tat am Jungfernstieg war keine Familientragödie. Für mich war es ein Doppelmord.” Am Tatort auf dem Bahnsteig im S-Bahnhof Jungfernstieg lagen am Freitag Blumen.
Der mutmaßliche Täter gehörte zu einer Gruppe von Migranten aus Afrika, die in Hamburg „Lampedusa-Gruppe” genannt wird - diese Migranten kamen 2013 über die Mittelmeerinsel zunächst nach Italien. Das bestätigte Sprecher des Einwohnerzentralamts. Der Nigrer sei im April 2013 eingereist und habe nach dem Angebot des Senats, die Fälle der Flüchtlingsgruppe individuell zu prüfen, einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt.
Das Bundesamt für Flüchtlinge habe im vergangenen Jahr erklärt, dass es kein Abschiebehindernis gebe. Inzwischen war dem 33-Jährigen aber bereits wegen des Kindes die Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Sie sei wie üblich auf zunächst zwei Jahre befristet worden, also bis 2019, sagte der Sprecher. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen seien nicht eingeleitet worden.
Der Messerangriff vom Hamburger Jungfernstieg erinnert an ähnliche Taten in Kiel und Teningen bei Freiburg (Baden-Württemberg). In Kiel soll ein 40-Jähriger am 15. März vergangenen Jahres seine Frau mit 23 Messerstichen auf offener Straße erstochen haben. Eines der drei gemeinsamen Kinder musste die Tat mit ansehen. Ein Gericht hatte der Mutter nach der Trennung das alleinige Sorgerecht zugesprochen. Die 34-Jährige hatte den Behörden berichtet, dass ihr Ex-Mann sie misshandelt und mit einem Messer bedroht habe. Das Kieler Landgericht will am 24. April das Urteil in dieser Strafsache verkünden.
In Teningen bei Freiburg soll ein 53-Jähriger seiner Ex-Freundin und dem gemeinsamen Sohn am 28. Juli 2017 vor einer Tiefgarage aufgelauert und erstochen haben. Die 39-Jahre alte Mutter hatte sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Frühjahr 2017 von dem Mann getrennt, im Mai sei auch ein Annäherungsverbot ausgesprochen worden. Der 53-Jährige steht zurzeit in Freiburg vor Gericht. (dpa)